Bezirk zweifelt an statistischer Grundlage.

Großer Wurf oder doch eher ein Papier des Misstrauens: Was ist das neue Integrationsgesetz wirklich? Jobs, strenge Wohnsitzauflagen, verpflichtende Sprachkurse – es soll gefördert, aber auch gefordert werden. Genau das wollen auch die Kommunen, deren Forderungen damit zum großen Teil aufgegriffen wurden. Berlin hat mit seinem Ende Mai verabschiedeten „Masterplan Integration“ als eines der ersten Bundesländer Nägel mit Köpfen gemacht: Gut 400 Millionen Euro will der Senat bis 2017 für Flüchtlinge ausgeben. Vorwiegend für berufliche Qualifizierung und Sprachkurse, zu gleichen Teilen finanziert von Bund und Land.

Privat untergekommen

Ob das finanziell gebeutelte Berlin das Geld vom Bund tatsächlich bekommt, wird erst nach der Ministerpräsidentenkonferenz am 16. Juni entschieden. Wie stabil sind also Berlins Nägel? Das Berliner Abendblatt fragte bei Neuköllns Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nach. Offiziell leben in Neuköllns Flüchtlingsunterkünften derzeit rund 1.600 Menschen. Doch die tatsächlichen Zahlen dürften weit höher liegen. „Rund 30.000 Neuköllner sind arabischstämmig“, sagt Giffey. „Wir wissen, dass viele Flüchtlinge hier bei Verwandten und Freunden privat unterkommen. Ihr Anteil bleibt in den Senatsstatistiken unberücksichtigt.“ Deshalb werde die Verteilung der geplanten 18 Millionen Euro ausschließlich nach der Zahl der untergebrachten Flüchtlinge der Neuköllner Realität nicht gerecht. „Eine Verzerrung der Situation auf Grundlage von Statistiken“, kritisiert Giffey. Deshalb setzt die Bürgermeisterin auf den Realitätssinn des „Rats der Bürgermeister“, denn erst nach dessen Vorschlägen wird die konkrete finanzielle Ausstattung der Bezirke festgelegt.

Container-Standort

Derzeit sind in Neukölln noch 500 Flüchtlinge in fünf Turnhallen an drei Standorten untergebracht. „Bis zum Spätsommer sollen sie die erste Einrichtung an der Ecke Gerlinger Straße/Buckower Damm beziehen“, sagt Giffey. „Eröffnet wird mit 1.000 Plätzen, später wollen wir auf 500 reduzieren.“ Eine weitere Unterkunft sei ab Herbst an der Karl-Marx-Straße mit 350 Plätzen geplant. Die Haarlemer Straße 89 soll von 400 auf 1.200 Plätze erweitert werden. Das Bezirksamt verfolge das Ziel, durch den neuen Container-Standort an der Gerlinger Straße 25-29 alle fünf Turnhallen nach der Sanierung so schnell wie möglich wieder dem Schul- und Vereinssport zur Verfügung stellen zu können. Der Zeitplan sei auch abhängig vom Bau des neuen Standorts und könne noch nicht genau benannt werden, sagt Giffey.

Jürgen Zweigert, Bild: Nils Michaelis