Früher mit nicht dem besten Leumund behaftet, hat sich der Neuköllner Schillerkiez mit dem Herrfurthplatz im Zentrum in den vergangenen Jahren zu einer beliebten Wohnadresse gemausert. Das hat auch mit der Schließung des Flughafens Tempelhof und dessen jetziger Nutzung als riesiges Naherholungsgebiet zu tun.
Doch das Tempelhofer Feld lassen wir bei diesem Spaziergang einfach mal links liegen und gehen vom Herrfurthplatz – hier ist samstags ein hübscher Wochenmarkt – über die Herrfurthstraße rechts am Parkeingang vorbei, wo ein Weg hinüberführt zum Columbiabad – berühmt-berüchtigt für seinen Kloppereien unter Badegästen – und dem Columbiadamm. Der wird links bei einer Ampelanlage überquert.
Nachkriegszeitenhelden und Vatikanstaat-Diplomat
Vor einem breitet sich das weite Grün des Volksparks Hasenheide aus. Die Tour führt über den Hauptweg und rechts vorbei am traditionellen Biergarten „Hasenschänke“ (normalerweise: tägl. 12–22 Uhr). Ein Stück weiter liegt rechts ein hübscher Spielplatz, der sich dem Motto „1001 Nacht“ verschrieben hat. Kurz danach biegen wir links ab. Immer geradeaus führt ein steiler Weg hinauf zur Rixdorfer Höhe. 67,9 Meter ist der Trümmerberg hoch, die sandige Fläche oben mit vier Steinklötzen wirkt seltsam unwirklich – ein skurriler Ort, auf dessen besondere Atmosphäre man sich einlassen sollte.
Über das Plateau hinweg führt der Weg in einer kurzen Rechts- und einer langgezogenen Linkskurve wieder hinunter zum Park. Wir biegen scharf rechts ab und gehen auf die Straße Hasenheide zu. Rechts ist das Denkmal für die Berliner Trümmerfrauen zu bewundern, diesen Heldinnen der Nachkriegszeit.
Hinter schmucken Neubauten geht es nun links Richtung Südstern. Kurz vor der Lilienthalstraße erkennt man links eine stattliche Kirche: die St.-Johannes-Basilika, erbaut von 1893 bis 1896. Und daneben ein eher schmuckloser Kasten. Doch der ist etwas Besonderes: Hier residiert seit 2013 Erzbischof Dr. Nikola Eterovi?. Er ist der Apostolische Nuntius, also der Botschafter des Heiligen Stuhles und der verantwortliche Diplomat für den Vatikanstaat in Deutschland. Wenn man so will, ist Eterovi? so etwas wie der hiesige Stellvertreter des Stellvertreter Gottes.
Unser Weg führt uns hinüber zum Südstern, wo auf einer Verkehrsinsel die Kirche am Südstern mit ihrem neugotischen Baustil steil in die Höhe ragt. Das von 1894 bis 1897 erbaute Gotteshaus wird heute vom Christlichen Zentrum Berlin e.V. genutzt.
Beginn der berühmten Friedrichstraße
Der Weg führt nun rechts in die Blücherstraße hinein. Ihr gilt es bis zur Urbanstraße zu folgen. Eine Ampelanlage weist den Weg hinüber zur Tempelherrenstraße mit ihren schmucken Altbauten. Die gute Wohnlage wird durch den nahen Landwehrkanal noch verschönert.
Links am Carl-Herz-Ufer liegt das schmucke Alte Zollhaus mit dem Restaurant „Rutz-Zollhaus“ (Carl-Herz-Ufer 30, Kreuzberg, Tel. 233 27 66 70, Di–Sa ab 18 Uhr, gehobene Küche, das Überraschungsmenü kostet 85 Euro, www.rutz-zollhaus.de). Der Weg am Wasser führt über die Brachvogel- bis zu Zossener Straße. Vorbei an der Amerika-Gedenk-Bibliothek geht es nun rechts über das Tempelhofer Ufer, vorbei am U-Bahnhof Hallesches Tor hinüber zum Mehringplatz. Ein trister Ort. Hier beginnt sie nun: die altehrwürdige Friedrichstraße.
Der südliche Bereich ist der ruhigere, der Weg führt nach Norden am Theodor-Wolff-Platz vorbei zum Besselplatz mit seiner modernen Plastik. Direkt daneben steht der eindrucksvolle Neubau der „Tageszeitung“. Über die Kochstraße hinweg befindet sich der ehemalige Checkpoint Charlie. Hier drängeln sich die Touristen, um einen Hauch Berliner Mauerzeiten zu erhaschen. Nördlich der Leipziger Straße beginnt der Teil der Friedrichstraße zum Einkaufen, auch für eher Betuchte. Die Tour endet am Bahnhof Friedrichstraße. Für die etwa sieben Kilometer lange Strecke werden ca. 2,5 Stunden benötigt.
Text: Martin Schwarz