Es ist wohl unrealistisch, dass die Partei „Die Basis“ bei der kommenden Wahlwiederholung in Berlin die Fünf-Prozent-Hürde knacken wird. Bei den Wahlen im September 2021 kam sie auf schmale 1,3 Prozent. Die Partei gründete sich 2020 im Umfeld der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen. Ihre Strukturen und genauen Ziele gelten als schwer zu durchblicken. In den Medien findet sich wenig über das Parteiprogramm der Basis. Vielmehr geht es um antisemitische Äußerungen von Parteifunktionären und Verschwörungsideologien.
Was will „Die Basis“ eigentlich und wofür steht sie? Wir haben einmal nachgefragt und über das System Basisdemokratie, den Berlin-Plan der Kleinstpartei und ihr Querdenker-Image gesprochen. Unser Gesprächspartner ist Dr. Dieter Bonitz, Direktkandidat im Wahlkreis 302 in Pankow für das Abgeordnetenhaus.
Die Basis wurde im Umfeld der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen gegründet. Fällt ohne 2G und 3G und ohne Maskenpflicht das Fokusthema Ihrer Partei weg?
Die Corona-Maßnahmen haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Derart unverhältnismäßige Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürger, die totale Unterdrückung wissenschaftlicher Erkenntnisse, die falschen Behauptungen über die Schutzwirkung und die Nebenwirkungen sämtlicher Corona-Maßnahmen. Diese Übergriffe und Angriffe auf unsere Freiheit und unsere Menschenwürde haben uns als Partei zusammengeführt.
Dabei ist unser Thema Basisdemokratie viel breiter angelegt. Es ist ein politisches Programm mit einer langfristigen Perspektive. Bürgerbeteiligung organisieren, Probleme gemeinsam angehen und schneller lösen. Darum geht es. Und darum, dass die Bevölkerung ihre Interessen artikulieren und in einem basisdemokratischen Prozess verwirklichen kann.
Wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung in Bezug auf die Corona-Schutzmaßnahmen?
Welche Corona-Schutzmaßnahmen? Keine dieser unsäglichen Maßnahmen hat etwas gebracht. Unabhängige Wissenschaftler, die nicht auf den Listen der Zuwendungsempfänger pharmazeutischer Firmen stehen, werden das bestätigen. Es gibt keinen Nachweis zur Wirksamkeit und es gibt vermehrt Hinweise auf die Gefährlichkeit der Masken, der Tests und der Injektionen. Die zahlreichen Rechtsverstöße in Regierung und Verwaltung müssen politisch und juristisch aufgearbeitet werden.
Was wollen Sie künftig erreichen und wie?
Wir wollen eine solidarische Gesellschaft, in der niemand gezwungen wird, sich einer medizinischen oder psychologischen Behandlung zu unterziehen. Wir wollen Freizügigkeit in Europa und in der ganzen Welt, wir wollen Frieden und Völkerverständigung, wir wollen soziale Sicherheit und Wohlstand für alle Menschen.
Mit denen, die das gleiche Ziel haben, werden wir anfangen, neue Lebens- und Arbeitsformen zu entwickeln. Menschliche Beziehungen müssen nicht auf Geld, Macht und Gewalt aufgebaut sein. Wir wollen Beziehungen, die auf Wahrheit, Freiheit und Vertrauen aufgebaut sind.
Wie bewerten Sie das Querdenker-Image Ihrer Partei?
Querdenker war vor Corona ein Ehrentitel für Menschen, die innovativ und kreativ waren. Menschen, die über den Tellerrand gesehen und ungewöhnliche Lösungen für ihre Probleme gefunden haben. Der Begriff lehnt sich seit Corona an die Querdenken-Bewegung von Michael Ballweg an, der seit Juni 2022 als politischer Gefangener in Stuttgart Stammheim einsitzt.
Die Medien benutzen den Begriff, um unsere Partei zu diskriminieren und uns systematisch auszugrenzen. Noch schlimmer ist es, uns als verschwörungsideologisch oder antisemitisch zu bezeichnen. Das sind Lügen, um uns politisch zu vernichten. Das ist der eigentliche Skandal.
Wir stehen für Freiheit, Frieden, Demokratie, Wissenschaftlichkeit und Rechtsstaatlichkeit. Wenn das Querdenken bedeutet, sind wir gerne Querdenker. Die Menschen werden in diesem Jahr die Lügen der Politik, der Medien und der Konzerne erkennen und den Wert der Querdenker wieder schätzen lernen.
Wie ist Ihre Einstellung zu den Wahlen 2021? Worin liegen aus Ihrer Sicht die Hauptursachen für dieses Wahlchaos?
Als erstes war die politische Entscheidung, alle drei Ebenen (Bund, Land und Bezirke) und noch den Volksentscheid auf einen Termin zu legen, schlicht falsch. Dazu kamen die unverhältnismäßigen Corona-Maßnahmen, von denen wir heute wissen, dass für das Infektionsgeschehen nicht nur unnütz, sondern sogar schädlich waren. Im zweiten Schritt hat dann die Wahlleitung die Anforderungen unterschätzt.
Waren Sie mit Ihrem Wahlergebnis in 2021 zufrieden?
Unsere Ziele und unsere Hoffnungen waren weit größer. Wir haben uns gewünscht, ins Abgeordnetenhaus und in die Bezirksverordnetenversammlungen einzuziehen, um die Debatte um die Corona-Maßnahmen zu bereichern. Das ist uns nicht gelungen, aber wir konnten im Wahlkampf Aufklärung betreiben und das werden wir nicht nur jetzt, sondern auch in der Zukunft weiterhin tun.
Welche Zielmarke haben Sie sich dieses Mal gesetzt?
Das Wichtigste ist, dass mehr Menschen erkennen, dass die etablierten Parteien nicht die Interessen der einheimischen Bevölkerung verfolgen, sondern die wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen der Finanz-, Technik-, Pharma- und Waffenkonzerne. Wir wollen diesen Menschen eine Plattform bieten und ihre Interessen über die Basisdemokratische Partei Deutschland organisieren. Ziel ist der Einzug in die Bezirksverordnetenversammlung mit drei Prozent der Wählerstimmen.
Worauf konzentrieren Sie sich in diesem Turbo-Wahlkampf?
Wir stellen das Thema Frieden, Grundrechte und sozialen Zusammenhalt, Mittelstand, Handwerk und Energieversorgung in den Vordergrund. Dafür haben wir eine Plakataktion entworfen.
Welches ist das größte Problem, das diese Stadt momentan hat?
Das größte Problem der Stadt ist das allein auf Machtsicherung gerichtete Denken und Handeln der Personen in den Parteien und in der Verwaltung. Der Staat ist ein Selbstbedienungsladen für Posten und Einkünfte geworden. Die Leistung für die Bürger steht erst an dritter oder vierter Stelle.
Die Verwicklungen von Parteien, Wirtschaft und Verbänden, die sich gegenseitig die Bälle zuschieben und einen offenen Austausch über die Probleme und mögliche Lösungen verhindern, das ist das größte Problem.
Wie kann man es lösen?
Es fängt damit an, dass man seinem Gesprächspartner zuhört und ihn respektiert. Achtsamkeit ist eine Säule unseres Grundsatzprogramms. Wir achten die Meinung und die Argumente unseres Gegenübers. Wir werten sie nicht deshalb ab, weil sie von einer anderen Partei kommt.
Die Lösung liegt in einem Mentalitätswandel in der Gesellschaft und in der Politik. Denn dann geht es nicht mehr um Mehrheiten, sondern um die besseren Argumente. Das verstehen wir unter Basisdemokratie und laden alle Parteien dazu ein.
Warum braucht es jetzt eine Basisdemokratie und wie kann diese funktionieren?
Wir haben eine parlamentarische, repräsentative Demokratie. Das bedeutet, dass der Souverän, also die Bevölkerung, von der alle Macht ausgehen soll, alle vier Jahre ein Kreuz machen darf. Und in der Zwischenzeit verkaufen die gewählten Repräsentanten das, was die Unternehmen und die Verwaltung für richtig halten, als ihre Politik.
Mein Eindruck ist, dass da oft nichts Gutes bei herauskommt und alles viel zu lange dauert. In unserer komplexen Gesellschaft müssen wir viel agiler werden, die Interessen der Betroffenen mehr berücksichtigen und Pläne schneller ausarbeiten und umsetzen. Wir sind dabei, dies in unserer Partei zu entwickeln und als Modell für die politische Arbeit in den Bezirken anzubieten.
Wenn Sie Regierender Bürgermeister wären, was würden Sie von heute auf morgen anders machen als Frau Giffey?
Ich bin nicht Frau Giffey und ich weiß auch nicht, was sie genau macht. Ich weiß auch nicht, welchen Zwängen Frau Giffey unterliegt. Ich kenne auch ihre persönlichen Ziele nicht. Aber ich würde mich für die Interessen der Bürger einsetzen und die Verwaltung so organisieren, dass sie funktioniert: Dass der Verkehr fließt, die Bürger schnell einen Termin bekommen, Handwerk und Mittelstand geschützt werden, die Schulen selbständig denkende Menschen heranbilden und der Wohnraum für alle bezahlbar ist.
Gutes Stichwort: Bezahlbares Wohnen für jeden: Was wollen Sie dafür tun?
Grundsätzlich betrachten wir eine bezahlbare, menschenwürdige Wohnung als ein menschliches Grundrecht, das sich aus Artikel 1 des Grundgesetzes ableitet. Aufgabe des Staates, also des Parlaments und der Regierung, ist es, dieses Grundrecht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln sicherzustellen: Zum Beispiel durch die Förderung des sozialen Wohnungsbaus.
Der Weg dahin sollte in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs gesucht und gefunden werden, der auch die Eigentumsfrage berücksichtigt. Daher wollen wir die Gründung von Wohnungsgenossenschaften unterstützen. Jede Eigeninitiative von Wohnungssuchenden, ungenutzte Immobilien im Eigentum der Stadt in einen bewohnbaren Zustand zu überführen, ist finanziell und organisatorisch zu fördern.
Ein Termin im Bürgeramt innerhalb einer Woche: Wie soll’s gehen?
Die Bürgerämter sind in der Verantwortung der Bezirke. Als neue Partei haben wir keinen Einblick in die organisatorischen Strukturen der Verwaltung. Grundsätzlich ist aus meiner Sicht ein Organisationsentwicklungs-Projekt aufzusetzen, das nach Wegen der Beschleunigung und Vereinfachung von Verwaltungsvorgängen unter Beteiligung der zuständigen Verwaltungsmitarbeiter sucht. Es kommt darauf an, die Interessen der Beschäftigten in den Bezirksämtern zu berücksichtigen. Dazu gehört eine angemessene Ausbildung und eine angemessene Bezahlung und Handlungsspielräume für Eigeninitiative.
Saubere und sanierte Schulen für alle: Was ist Ihr Plan?
Eine Schule ist ein Lebensraum für Schüler, Eltern, Lehrer und Erzieher. Sie sollten alle Betroffen stärker in die Verantwortung für die Gestaltung ihres Lebensraumes einbezogen werden. Wie es inzwischen Essensausschüsse gibt, sollte es auch Bauausschüsse geben, an denen Eltern, Lehrer, Erzieher und Kinder beteiligt sind. Sie sollten die Bedarfe der Schulen feststellen und selber Lösungsvorschläge erarbeiten. Wenn man alles einer zentralen Planung überlässt, kommen die Lösungen viel zu spät an und gehen meist auch noch am Bedarf vorbei. Basisdemokratie bedeutet, Strukturen der Beteiligung zu schaffen, in denen schnell Lösungen für akute Probleme gefunden werden.
Schneller vom Rand in die Mitte mit den Öffis: Was wollen Sie für Pendler tun?
Der öffentliche Personenverkehr muss gestärkt werden. Mobilität ist auch ein Menschenrecht. Es ist ein wichtiger Aspekt der Freiheit des Einzelnen. Wege müssen auch ohne Auto bewältigt werden können. Fußverkehr, Radverkehr, Autos und öffentlicher Personennahverkehr sind als Gesamtsystem zu betrachten und zu entwickeln.
Das Infrastrukturprojekt i2030 ist zu beschleunigen. Das Radfernverkehrsnetz ist auszubauen. Und der öffentliche Nahverkehr sollte sehr preiswert sein und in erster Linie als staatliche Aufgabe verstanden werden. Eine privatwirtschaftliche Logik verbietet sich aus unserer Sicht.
Diebstahl, Einbruch, Überfall: Wie machen Sie Berlin sicherer?
Bevor man in Aktionismus verfällt oder Panik in der Bevölkerung schürt, um seine politischen Ziele nach einer zunehmenden Überwachung und Kontrolle der Allgemeinbevölkerung zu verfolgen, sollte man sich die Statistiken der Polizei und die Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Untersuchungen der Stadtteile genau ansehen. Daraus sind dann angepasste Konzepte für ordnungspolitische oder sozialpädagogische Maßnahmen zu erarbeiten. Dabei sind die Bewohner der betroffenen Kieze in die Suche nach Lösungen einzubeziehen. Aktuelle Herausforderungen im Zusammenhang mit der Einwanderung brauchen einen tabufreien und ergebnisoffenen Dialog mit allen Beteiligten.
Das Interview führte Sara Klinke.