Die Plakate hängen mal wieder. Bild: IMAGO / Future Image
Die Plakate hängen mal wieder. Bild: IMAGO / Future Image

Für die Vorbereitungen der Wiederholungswahl in Berlin bleibt nur wenig Zeit. Deshalb geraten in den Verwaltungen die Abläufe ins Stocken. Außerdem kommen im Modus „Wiederholungswahl“ einige Irritationen auf.

In gut vier Wochen wird in Berlin noch mal gewählt. Alle wahlberechtigten Berliner müssen am 12. Februar erneut ihre Stimmen für Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen abgeben. Die Politik sollte in Sachen Wahlkampf eigentlich in der heißen Phase stecken. Doch so richtig Stimmung ist nicht. „Der Zeitpunkt ist ungünstig“, sagt Marzahn-Hellersdorfs Bürgermeister Gordon Lemm (SPD).

Verwaltung muss laufen

Mitten im grauen und dunklen Winter sei Wahlkampf wenig erbauend. „Niemand hat darauf gewartet“, sagt Lemm. Für ihn als Bezirkschef seien die Probleme, die in der Bezirksverwaltung herrschen, der Fokus. „Durch den Wahlkampf wird die Zusammenarbeit auf Bezirksebene erschwert, Dinge geraten ins Stocken. Das können wir gerade nicht gebrauchen.“

Eine komplette Wiederholungswahl hätte seiner Meinung nach nicht sein müssen. In sechs Wahllokalen ist es in Marzahn-Hellersdorf im September 2021 zu Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen gekommen. „Dass da eine Chaos-Wahl stattgefunden hat, würde ich nur bedingt unterschreiben“, sagt Lemm. Das jedoch hat das Landesverfassungsgericht anders eingeschätzt. Mandatsrelevante Wahlfehler gab es laut Gericht bei den Abgeordnetenhaus-Zweitstimmen in allen 78 Wahlkreisen, bei Erststimmen in 19 von 22 durch Einsprüche angegriffenen Wahlkreisen.

Zeit ist knapp

Für Wahlkampf und Wahlvorbereitungen ist bei diesen außerordentlichen Wiederholungswahlen die Zeit knapp. „Normalerweise hat man ein bis zwei Jahre Zeit, jetzt sind es nur 90 Tage“, sagt Lemm und verweist damit auf die großen Herausforderungen innerhalb der Verwaltung. Damit Wählerverzeichnisse angelegt und Wahlunterlagen bereitgestellt werden können, musste das Bürgeramt Helle Mitte in Hellersdorf schließen. Zwölf Mitarbeiter von dort wurden kurzfristig ins Wahlamt versetzt. 2.000 Termine sind alleine in diesem Bürgeramt durch die Schließung ausgefallen.

Ebenfalls geschlossen bleiben bis Ende Februar die Bürgerämter Pankow, Prenzlauer Berg, Wilmersdorfer Arcaden, Neukölln, Neu-Hohenschönhausen und Reinickendorf-Ost. Verständlich, dass die Bürger gernervt sind, sagt Lemm. Aber bei dieser kurzen Vorbereitungszeit für die Wahlen gebe es keine Alternative. Den Betroffenen seien im Übrigen Ersatztermine angeboten worden.

Viele Neulinge

Ob er Bezirksbürgermeister bleibt, wollen wir von Gordon Lemm wissen. Schließlich ist er erst ein Jahr im Amt. „Als Wahlkämpfer sage ich natürlich Ja“, antwortet er. Aber natürlich müsse er vor der Wahl zurückhaltend bleiben.

Auch in vielen anderen Bezirken sind in 2021 Neulinge ins Bezirksbürgermeisteramt gewählt worden. So in Friedrichshain-Kreuzberg mit Clara Herrmann (Grüne), in Tempelhof-Schöneberg mit Jörn Oltmann (Grüne), in Steglitz-Zehlendorf mit Maren Schellenberg (Grüne), in Charlottenburg-Wilmersdorf mit Kirstin Bauch (auch Grüne), in Spandau mit Carola Brückner und in Reinickendorf mit Uwe Brockhausen (beide SPD). Am längsten im Amt unter den Bezirksbürgermeistern ist Oliver Igel (SPD, Treptow-Köpenick, seit 2011), gefolgt von Michael Grunst (Linke, Lichtenberg, seit 2016), Sören Benn (Linke, Pankow, seit 2016) und Martin Hikel (SPD, Neukölln, seit 2018).

Irritierender Wahlmodus

In Mitte ist Stefanie Remlinger (Grüne) seit 2022 im Amt und hat Stephan von Dassel (Grüne) abgelöst, der im September von der BVV abgewählt wurde. Trotzdem wird er auf dem Wahlzettel in Mitte noch als Mandatsträger gelistet sein, Remlingers Name taucht nicht auf. Auch in anderen Bezirken gibt es solche Fälle. Das bringt der Modus Wiederholungswahl mit sich. Die Wähler machen ihr Kreuz quasi für jemanden, der das Amt nicht annehmen wird. „Völlig verwirrend“, sagt Lemm. Er geht davon aus, dass viele Wähler sehr irritiert sein werden.

„Ich freue mich auf die Zeit nach den Wahlen. Dann können die Bezirksverwaltungen wieder ihre eigentliche Arbeit machen. Da gibt es wirklich genug zu tun“, sagt Gordon Lemm.

Text: Sara Klinke