Die Impfungen sollen es Kindern ermöglichen, dass sie möglichst ohne Unterbrechungen am Schulbetrieb teilnehmen können.
Die Impfungen sollen es Kindern ermöglichen, dass sie möglichst ohne Unterbrechungen am Schulbetrieb teilnehmen können.

Corona-Impfungen für Kinder ab zwölf Jahren spalten die Gemüter.

Dass auch Kinder und Jugendliche in den Fokus der Impfkampagne gegen Covid-19 rücken, war nur eine Frage der Zeit. Immer wieder hat es an Schulen Corona-Ausbrüche gegeben. Politik und Behörden sind bemüht, wegen der zunehmenden Impfmüdigkeit unter den Erwachsenen das Coronavirus an anderer Stelle einzudämmen. Die steigenden Infektionszahlen, besonders unter Heranwachsenden, drängen zum Handeln, selbst wenn in jungen Altersgruppen schwere Krankheitsverläufe äußerst selten verkommen.

Gute Gründe für Corona-Schutzimpfungen

Es gibt also viele gute Gründe für den Beschluss der Gesundheitsminister, Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren ein Impfangebot zu machen, auch wenn die Ständige Impfkommission, abgesehen für Risikogruppen, noch keine Empfehlung gegeben hat. Und doch haben viele Eltern Bedenken. Zum Beispiel Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Nach eigenem Bekunden würde er seine Kinder nicht impfen lassen. Das Risiko durch die Impfung sei größer als bei einer Infektion, sagte der Grünen-Politiker in einem Interview. Gründe nannte er nicht.

An erster Stelle steht für viele Mütter und Väter die Frage nach den Nebenwirkungen. Als zum Jahresbeginn Berichte über schwere Erkrankungen und Todesfälle unter erwachsenen Geimpften die Runde machten, war das Entsetzen groß. Die Impfkampagne hatte trotz der geringen Zahl solcher „Pannen“ mehr als nur ein Imageproblem. Und doch ist es in der Regel die eigenverantwortliche Entscheidung eines jeden Erwachsenen, sich impfen zu lassen oder nicht. Ungleich riesiger würde der Aufschrei sein, sollte ein Kind nach dem Pikser, der eigentlich Leben retten soll, gravierende gesundheitliche Probleme bekommen oder gar sterben.

Für betroffene Eltern würde damit die schlimmste Vorstellung überhaupt wahrwerden. Hinzu käme für die Gewissheit, beim Abwägen von Risiko und Nutzen der Impfung eine letztlich fatale Entscheidung getroffen zu haben – vielleicht sogar gegen den Willen ihres Kindes. Daher ist es verständlich, wenn Menschen über das Thema „Impfen ab zwölf“ emotional diskutieren. Auch daher, weil die Wirkung von Covid-19-Immunisierungen bei Kindern und Jugendlichen kaum erforscht ist.

Die Wirkung bei Kindern ist kaum erforscht

Andererseits ist es wie immer im Leben: Absolute Sicherheit gibt es niemals. Gefühle und Sorgen lassen sich selten von Fakten beeinflussen. Dennoch kann es helfen, Zahlen richtig einzuordnen. Ein Kinderkardiologe warnte kürzlich davor, dass bei einer von 15.600 Corona-Impfungen Entzündungen am Herzen auftreten würden. Betroffen seien vor allem Jungen. Nüchtern betrachtet ist dies ein verschwindend geringes Risiko. Andere Warnungen verlieren sich völlig im Spekulativen.

Es ist verständlich, wenn Eltern die Entscheidung für eine Impfung ihres Kindes vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes schwerfällt. Wer allerdings möchte, dass im Herbst möglichst viele Mädchen und Jungen unbeschwert zur Schule gehen können, sollte in den Impfstoffen mehr eine Chance als ein Risiko sehen. Und zwar zum Wohle der Kinder.

Datum: 12. August 2021, Text: Nils Michaelis, Bild: IMAGO/Fotostand