Kurz vor dem Start in die – unter Corona-Bedingungen wie auch immer geartete – Sommerurlaubssaison beschäftigt die Republik ein echtes Aufregerthema.
Um diese Fragen geht es: Sollten wir weniger fliegen, um das Klima zu schonen? Sollte der Staat dafür sorgen, dass vor allem Kurz- und Inlandsflüge teurer werden, weil hierfür die Bahn als Alternative zur Verfügung steht? Und: Müssen wir damit rechnen, dass eine künftige Bundesregierung mit solchen Gedankenspielen ernst macht?
Grünen-Chefin fordert klimagerechte Steuer
Losgetreten wurde die Debatte von Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin der Grünen. Zugfahren müsse für eine Familie billiger sein als ein Kurzstreckenflug, sagte sie im Interview mit der „Bild am Sonntag“. Die Grünen-Parteichefin will im Fall einer Regierungsübernahme Flugreisen „klimagerecht“ besteuern. Es sei nicht fair, dass mit unser aller Steuergeld das Flugbenzin Kerosin subventioniert werde, während Fernfahrten mit der Bahn gerade zu Stoßzeiten teuer seien. Perspektivisch solle es Kurzstreckenflüge gar nicht mehr geben.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz meldete sich ebenfalls zu Wort. Auch er erklärte, gegen Billigflüge vorgehen zu wollen. Kein Flug dürfe billiger sein „als die Flughafengebühren und alle anderen Gebühren, die dafür anfallen“, so der Bundesfinanzminister. Weitergehende Regelungen seien rechtlich schwierig. Das bedeute aber immerhin, „dass es sicherlich keinen (Flug) geben wird, der unter 50, 60 Euro sein wird“, sagte Scholz. Auch das sei noch ziemlich günstig, gemessen an dem, was Flugreisen früher gekostet hätten.
Vor allem Baerbocks Forderungen ernteten bisweilen harsche Kritik. Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, mahnte laut einem „Handelsblatt“-Bericht, dass Klimaschutz nicht auf Kosten der Urlaubsplanung einkommensschwacher Familien gehen dürfe. „Ich finde, Reisen und Fliegen müssen auch in Zukunft für jeden Geldbeutel möglich sein und nicht zum Luxus von einigen wenigen werden. Klimaschutz und CO2-Reduktion müssen intelligent und durch neue Technologien erfolgen“, sagte er. Wer glaube, Verbote und unverhältnismäßige Preiserhöhungen seien das richtige Mittel, sei auf dem Holzweg, so der CDU-Politiker.
Frankreich verbietet Flüge auf kurzen Inland-Strecken
Maßnahmen gegen Inlandsflüge zu ergreifen ist allerdings weniger abwegig, als viele meinen. In Frankreich hat die Politik bereits einen konkreten Schritt getan. Dort sollen künftig inländische Kurzstreckenflüge verboten sein, wenn das Ziel auch innerhalb von zweieinhalb Stunden mit der Bahn zu erreichen ist. Die Regelung ist Teil eines Gesetzespakets zum Klimaschutz, das die französische Nationalversammlung dieser Tage verabschiedet hat, wie unter anderem die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet.
Datum: 27. Mai 2021, Text: Nils Michaelis, Bild: IMAGO/Christian Offenberg