Begeisterung in Neukölln und Spandau: Die U7 wird bis zum BER und zur Heerstraße verlängert: Lange Gesichter hingegen in Reinickendorf: Die Fortführung der U8 wurde zurückgestellt. Und aus dem Abzweig der U6 zum neuen Quartier auf dem TXL-Gelände wird wohl gar nichts.
Die Verlängerung der U7 zum Flughafen BER und zur Heerstraße in Spandau rückt näher. Der Berliner Senat bringt Nutzen-Kosten-Analysen auf den Weg. Das wurde am Dienstag beschlossen. Außerdem soll die U3 von der Krummen Lanke zum S-Bahnhof Mexikoplatz in Steglitz-Zehlendorf verlängert werden.
“Endlich kommt der Ausbau von U-Bahnlinien in Berlin einen wichtigen Schritt voran”, so der Spandauer Abgeordnete Daniel Buchholz (SPD). „Wirksamer Klimaschutz braucht eine echte Mobilitätswende. Deutlich weniger Individualverkehr erfordert aber einen attraktiven und zuverlässigen öffentlichen Nahverkehr in der gesamten Stadt.” Die Verlängerung der U-Bahnlinie bis zu den Großsiedlungen an der Heerstraße bringe den “höchsten Nutzen” für die Fahrgäste. Mehrere Buslinien könnten ersetzt werden.
Fünf neue U-Bahnhöfe in Spandau
“Über die fünf neuen Bahnhöfe ab Rathaus Spandau (Seeburger Straße, Pichelsdorfer Straße, Gatower Straße, Sandstraße und Magistratsweg) können täglich bis zu 40.000 Fahrgäste ihre Ziele in der Spandauer Wilhelmstadt und der Siedlung Heerstraße Nord schnell und ohne Stau erreichen”, so der stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Abgeordnetenhauses. “Die notwendigen Investitionsmittel sind im Landeshaushalt festzuschreiben”, fordert Buchholz.
Am Dienstag hatte Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) im Senat Machbarkeitsstudien für vier mögliche U-Bahn-Projekte vorgestellt. Von allen geprüften Vorhaben erhielt die zweifache Fortführung der U7, die Anwohner und Politiker seit Jahren fordern, die beste Bewertung.
Die Nutzen-Kosten-Analysen schlagen zusammen etwa mit 1,3 Milliarden Euro zu Buche, so Günther im rbb. Das könne zwei Jahre oder länger dauern. Auch zusätzliches Personal sei nötig. Zudem seien vertiefende Gespräche mit Brandenburg geplant.
Verkehrschaos im Berliner Süden
In Neukölln begrüßt man den Ausbau der U7 Richtung Schönefeld. “Ohne U7 zum BER wird das Verkehrschaos im Süden unseres Bezirks nicht zu vermeiden sein”, schrieb Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) auf Facebook. “Die vielen Unterschriften und die Unterstützung aus Rudow und ganz Neukölln haben sicher geholfen, dass wir heute vorangekommen sind. Aber es ist noch ein langer Weg. Wir als Bezirk und sicher auch unsere Nachbargemeinde Schönefeld werden alles tun, um schnell voranzukommen.”
Hikel erwartet, dass die von Verkehrssenatorin Regine Günther angekündigte Nutzen-Kosten-Analyse “so schnell wie möglich auf den Tisch kommt”.
Enttäuschung dagegen in Reinickendorf. Seit Jahren fordern Bezirks- und Landespolitiker die Verlängerung der U8 vom U-Bahnhof Wittenau ins Märkische Viertel. Günther stellte dieses Vorhaben zurück und verwies unter anderem auf ein mit 25.000 Fahrgästen vergleichsweise geringes Potenzial und auf die künftige Anbindung an die Heidekrautbahn im Osten des Quartiers.
50.000 Menschen bleiben ohne U-Bahn-Anschluss
Dazu erklärte der Reinickendorfer Abgeordnete Jörg Stroedter (SPD): “Die Bürger im Märkischen Viertel sind verärgert und tief enttäuscht. Sie warten seit vielen Jahren auf eine Verlängerung der U8.” Nach vielen Jahren, in denen die Mittel für die U 8 fehlten, sei jetzt ein günstiges Zeitfenster. Stroedter: „Bis zu 80 Prozent der Kosten können durch den Bund finanziert werden. Eine finanzielle Chance für die Infrastruktur in Reinickendorf wird hier verpasst.“
David Jahn, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Reinickendorfer Bezirksparlament, ergänzt: „Die Verlängerung der U8 ist die wichtigste U-Bahn-Maßnahme in ganz Berlin. Damit bleiben die rund 50.000 Einwohner im Märkischen Viertel ohne Anbindung per Bahn.” Zudem besteht bereits ein Tunnelteilstück”, betont Jahn. “Eine Umsetzung wäre innerhalb weniger Jahre möglich.”
Mit der Straßenbahn zum Zukunftsquartier
Unterstützung erfahren Stroedter und Jahn von der IHK Berlin. “Für eine strategische Verkehrsplanung für die nächsten Jahrzehnte wäre es sinnvoll, neben der U7 auch andere potenzielle Strecken in die Nutzen-Kosten-Analyse einzubeziehen”, so Jörg Nolte, Geschäftsführer Wirtschaft und Politik. “Dazu gehören die U8 ins Märkische Viertel sowie die Verlängerung der U9 nach Pankow. Besonders wichtig wäre aber ein Abzweig der U6 zum künftigen Technologie-Campus TXL.”
Anstelle einer Verlängerung der U6, die ebenfalls geprüft wurde, hat sich Günther für eine Tramverbindung ausgesprochen. Dazu Nolte: “Man kann doch einen Zukunftsort nicht ohne zukunftstaugliche Verkehrsanbindung entwickeln.“
Datum: 19. Februar 2021, Text: Nils Michaelis, Bild: imago images/Schöning