Thälmannpark: Wie ein Einwohnerantrag fast im Eklat endete.
Nie zuvor war Ronald Rüdiger wohl so dicht davor, den BVV-Saal räumen zu lassen. Der noch recht jung im Amt fungierende Bezirksverordnetenvorsteher versuchte mit wiederholten Mahnungen an die aufgebrachten Zuhörer, den Eklat zu vermeiden. Letztlich mit Erfolg.
Wahlkampf beginnt
Anlass der allgemeinen Aufregung war die Diskussion um den Einwohnerantrag, der eine Bebauung nördlich des Thälmann-Parks verhindern und Parkplätze an der Lilli-Henoch-Straße erhalten wollte. Lag es am beginnenden Wahlkampf oder den polemischen wie unversöhnlichen Darlegungen von Volker Herold, der – unterstützt von den Linken – erneut das Rednerpult im Namen der Antragsteller zu seiner Bühne machte? Jedenfalls war ein sachlicher Austausch der Argumente weder möglich noch augenscheinlich gefragt. Nachdem Grünen-Fraktionschef Cornelius Bechtler den Anwesenden auch noch mangelnde Solidarität mit den Wohnungssuchenden dieser Stadt vorgeworfen hatte, drohte die Debatte gänzlich in persönliche Beleidigungen abzurutschen. Zur Sache: Wie zuvor der Fachausschuss lehnte auch eine BVV-Mehrheit aus Stimmen von Grünen, CDU und Piraten den Einwohnerantrag ab. Zwar äußerten verschiedene Parlamentarier Verständnis für die Anwohner. Doch im Kern blieben sie bei dem u.a. von Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (B90/Grüne) vorgetragenen Ergebnis: das ehemalige Güterbahnhofgelände sei geeignet, um dort dringend benötigte Wohnungen zu bauen – zumal mit hervorragender Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Obwohl die Anwohner auf die hohe Schadstoffbelastung im Boden aus Gaswerkzeiten und Beseitigungskosten in Höhe von 600 Euro pro Kubikmeter hinwiesen, legte sich Kirchner fest: „Im Zweifel entscheide ich mich für bezahlbare Wohnungen.“ So sprach sich eine Mehrheit gegen eine Vorfestlegung für einzelne Flächen mit Rücksicht auf das in Vorbereitung befindliche Bebauungsplanverfahren aus. Die Notwendigkeit des Erhalts der Stellplätze an genau dieser Stelle wurde bezweifelt und die Entwicklung der Fläche in einem Gesamtzusammenhang als sinnvoll bezeichnet. Vor allem die SPD übte aber auch deutliche Kritik an der im November präsentierten Machbarkeitsstudie und der darin enthaltenen Erhöhung der Zahl der Wohnungen von 400 auf 600 sowie dem ganz erheblichen Zuwachs an Gewerbeflächen. „Dies steht im Widerspruch zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept und dem Anliegen der Anwohner“, betonte Ausschussvorsitzender Roland Schröder (SPD) und begründete damit gleichzeitig die Enthaltung seiner Fraktion. Von einem städtebaulichen Wettbewerb erhoffe er sich die Rückkehr auf einen konstruktiven Weg.
Rivalen geärgert
Um dann dem Koalitionspartner noch einen mitzugeben: Wenn sich die Grünen tatsächlich so um die Wohnungsnot in Berlin sorgten, meinte Schröder, dürften sie nicht gegen die Bebauung der Elisabethaue sein, wo 5.000 Wohnungen entstehen sollen. In Wahlkampfzeiten werden aus Partnern eben Rivalen.
Michael Hielscher