Die künftige Clay-Schule in Rudow wird einen Lern- und Gedenklabor erhalten. Das Konzept wird am 27. Januar vorgestellt.
Kann man auf einem Grundstück, auf dem einst ein Zwangsarbeiterlager gestanden hat, eine neue Schule bauen? In Rudow hat der Bezirk Neukölln diese Frage mit einem klaren „Ja, aber…“ beantwortet: „Ja, aber nur dann, wenn wir diese historische Verantwortung, zu der uns dieser Ort verpflichtet, zugleich als Chance zur Vergegenwärtigung und Vermittlung nutzen.“
„An die Verbrechen des Nationalsozialismus zu erinnern und so dafür zu sorgen, dass Auschwitz nicht noch einmal sei: Das ist und wird immer unsere Verpflichtung sein“, erklärt Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD). „Das Lern- und Gedenklabor ist unsere Antwort auf diese Verpflichtung: direkt in der Schule, unmittelbar am Lebensort junger Neuköllnerinnen und Neuköllner. So bleibt Erinnern und Gedenken lebendig.“ Für junge Menschen werde durch dieses gemeinsame Leitprojekt von Schule und Museum zukunftsgewandte Vermittlungsarbeit ermöglicht.“
Erinnerung erlebbar machen
Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) ergänzt: „In unserem Labor geht es darum, mithilfe unterschiedlicher Formate gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern Aspekte des Erinnerns zu erarbeiten, begreiflich und erlebbar zu machen. Die Authentizität des historischen Ortes spielt dabei eine große Rolle. Durch neue, gerade in der Entwicklung befindliche Formate gilt es, eine zeithistorische Erfahrung für die Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen.“
Die Kooperation zwischen der Clay-Schule und dem Fachbereich Museum, Stadtgeschichte, Erinnerungskultur ist als langfristiges, lernendes Projekt angelegt. „Wir werden nicht nur während der Konzeptionsphase miteinander arbeiten, sondern auch den laufenden Betrieb des Lern- und Gedenklabors konzeptionell kontinuierlich begleiten“, so Matthias Henkel, Fachbereichsleiter MSE.
Am 27. Januar machen Schülerinnen und Schüler der Clay-Schule die Gäste durch kurze Führungen mit dem Ort und seiner historischen Dimension vertraut. Anschließend folgen Redebeiträge.
Die Veranstaltung findet aus Anlass des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Der Beginn ist um 11 Uhr auf der Baustelle der Clay-Schule am Neudecker Weg 22. Interessierte werden gebeten, sich per Mail anzumelden:
Die neue Clay-Schule ist die größte Investition des Bezirks Neukölln für einen Schulbau. 1.100 Schülerinnen und Schüler der Integrierten Sekundarschule werden hier künftig im gebundenen Ganztag lernen. Ein großzügiges und weitläufiges Sport- und Außengelände ergänzt das Schulgebäude ebenso wie die große Doppelsporthalle auf zwei Etagen mit fünf Hallenteilen,. heißt es aus der Verwaltung.
Historisch belasteter Schulstandort
Der neue Schulstandort in Rudow entsteht auf einem historisch belasteten Ort, der von Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des NS-Regimes Zeugnis ablegt. Hier entstanden in mehreren Bauphasen zwischen 1941 und 1943 drei eingezäunte Lager, in denen bis Kriegsende zeitlich überlagert Tausende Kriegsgefangene und Zwangsarbeitende gefangen gehalten wurden, die als Arbeitssklaven für verschiedene Firmen der benachbarten Rüstungsindustrie ausgebeutet wurden.
In den Jahren 2014 – 2016 fanden im Auftrag des Landesdenkmalamtes umfangreiche archäologische Grabungen auf dem Gelände statt, in denen zahlreiche Befunde aus der Lagerzeit gesichert werden konnten. Schülerinnen und Schüler der Clay-Schule beschäftigten sich in Projektwochen mit dem Thema der NS-Zwangsarbeit und durften unter fachkundiger Anleitung temporär ebenfalls an den Grabungen teilnehmen.
Text: red/nm