Damit Berlin, wie vorgesehen, bis zum Jahr 2050 klimaneutral wird, muss noch ziemlich viel passieren. Diesen Satz würden Landespolitiker jeglicher Couleur, abgesehen von der AfD, unterschreiben.
Vor allem beim Solarstrom ist noch viel Luft nach oben. Laut Senat liegt sein Anteil an der Stromerzeugung aktuell bei 0,7 Prozent. Und doch scheiden sich an dem Solargesetz, das in der vergangenen Woche vom Abgeordnetenhaus beschlossen wurde, die Geister.
Anteil von Solarstrom soll auf 25 Prozent steigen
25 Prozent des Berliner Strombedarfs soll bis 2050 aus Solarenergie gedeckt werden. So steht es in der Beschlussvorlage für das Solargesetz. Demnach müssen bei privaten Neubauten und Bestandsgebäuden, deren Dach wesentlich saniert wird, künftig Solaranlagen installiert werden, und zwar ab einer Gebäudenutzfläche von mehr als 50 Quadratmetern.
Neubauten müssen mindestens 30 Prozent ihrer Bruttodachfläche, Bestandsbauten mindestens 30 Prozent ihrer Nettodachfläche mit Photovoltaikanlagen bedecken. Ausnahmen gibt es beispielsweise für beschattete Dächer. Die Solarpflicht gilt ab dem 1. Januar 2023.
Linke-Politiker sagt boomende Solarindustrie voraus
Politiker der rot-rot-grünen Senatskoalition verknüpfen mit dem Gesetz hohe Erwartungen. SPD-Fraktionsvize Jörg Stroedter rechnet vor, dass sich mit dem neuen Regelwerk 37.000 Tonnen CO2 innerhalb von fünf Jahren einsparen lassen. Michael Efler von der Linksfraktion sagt einen Boom der Solarindustrie voraus. „Das Solargesetz wird zur Installation von Tausenden von Solaranlagen führen“, so der energie- und klimapolitische Sprecher. „Uns war es dabei wichtig, die Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern nur gering zu belasten, dafür aber die Eigentümer größerer Dachflächen stärker in die Pflicht zu nehmen.“
FDP: Solarpflicht bremst Sanierung von Dächern aus
Öffentliche Gebäude sind von dem Gesetz nicht betroffen. Das neue Energiewendegesetz, das eine Solarpflicht für öffentliche Gebäude vorsieht, muss das Abgeordnetenhaus erst noch beschließen. Nicht nur diesen Umstand kritisiert die Opposition. Henner Schmidt, in der FDP-Fraktion zuständig für Energiepolitik.: „Ein Solarzwang verpflichtet zu teilweise unnötig teuren Lösungen und wird die Dachsanierung bremsen, wenn er damit verbunden wird.“
Eine Verpflichtung ausschließlich für die Installation von Solarenergie sei kein guter Weg. Der Einbau von Solaranlagen sollte alternativ mit anderen erneuerbaren Energien abgewogen werden, die sonst durch eine reine Solarpflicht benachteiligt würden. Zudem sieht Schmidt die Gefahr, dass Gebäudeeigentümer die Kosten – auch für eine etwaige Verstärkung der Dächer, um sie für Solarpanels fit zu machen – später auf die Mieter abwälzen könnten.
CDU: Hohe Mehrkosten für Mieter und Vermieter
Christian Gräff, Sprecher für Bauen und Wohnen der CDU-Fraktion, rechnet damit, dass die von Vermietern und Mietern zu schulternden Mehrkosten in die Milliarden gehen könnten. Im heraufziehenden Wahlkampf wird die Frage nach den sozialen Aspekten der Solarpflicht sicherlich eine Rolle spielen.
Datum: 24. Juni 2021, Text: Nils Michaelis, Bild: IMAGO/Schöning