Die zweite Corona-Welle bringt weitere Einschränkungen. Auf was sich Berliner in den kommenden Wochen einstellen müssen.
Natürlich wird es Zeitgenossen geben, die die zweite Corona-Welle für eine Erfindung der „Mainstream-Medien“ oder der „Merkel-Diktatur“ halten. Für alle anderen gilt: Unsere schöne neue Corona-Welt scheint langsam wieder auf Lockdown-Maße zusammengeschrumpft zu werden. So leben die meisten unserer europäischen Nachbarn – bis auf überschaubare Ausnahmen – bereits in Risikogebieten, die wir ohne anschließende Quarantäne nicht mehr besuchen können.
Pankows Bürgermeister für gezielten Lockdown
Innerhalb unseres schönen Heimatlandes versuchen Politiker mittels – inzwischen allerdings in vielen Fällen von Gerichten gekippten – Beherbergungsverboten, Menschen aus hochinfektiösen Städten, Gemeinden und manchmal auch aus ganzen Bundesländern vom eigenen „Hoheitsgebiet“ fernzuhalten. Oder sie verordnen – wie zuerst in Bayern mit dem Landkreis Berchtesgadener Land geschehen – stark von Corona betroffenen Gebieten lockdownähnliche Regeln. Apropos: Einen gezielten Lockdown für den November hat jetzt Pankows Stadtbezirksbürgermeister Sören Benn (Die Linke) ins Spiel gebracht.
Es gehe darum, das öffentliche Leben „prophylaktisch, gezielt und zeitlich klar begrenzt“ herunterzufahren, um die Infektionszahlen einzudämmen, sagt Benn. „Solange ein Lockdown als Katastrophe und Drohkulisse anstatt als Instrument markiert wird, kommen wir um einen ungeplanten langen wohl kaum vorbei“, schreibt Benn bei Twitter. Der würde dann womöglich an Weihnachten eintreten. Ein „zweiwöchiger gezielter und kontrollierter Lockdown“ schon im November hingegen würde mehr nutzen als schaden.
Maskenpflicht für belebte Areale, Einkaufsstraßen und Wochenmärkte
So weit möchte der Berliner Senat noch nicht gehen: Der beschloss am Dienstag der zurückliegenden Woche eine Maskenpflicht für Bereiche, in denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern nicht einzuhalten sei. Das betrifft Wochenmärkte, besonders belebte Einkaufsstraßen und Warteschlangen. Die Maskenpflicht gilt ab 24. Oktober auf folgenden Straßen: Tauentzienstraße, Kurfürstendamm, Schloßstraße, Wilmersdorfer Straße, Bergmannstraße, Karl-Marx-Straße, Bölschestraße, Alte Schönhauser Straße, Friedrichstraße und Altstadt Spandau. Wegen der Corona-Pandemie gelten in der Stadt auch bald niedrigere Obergrenzen für private Zusammenkünfte. Draußen dürfen sich nur noch 25 statt bisher 50 Menschen treffen, drinnen statt bisher zehn Menschen nur noch Angehörige eines Haushalts plus maximal fünf andere Personen oder Menschen aus zwei Haushalten.
Letzte Chance, Freiheiten zu bewahren
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) bezeichnete den Anstieg der Corona-Infektionen als „besorgniserregende Situation“. „Jenseits eines Lockdowns hat die Politik nicht mehr viele Möglichkeiten, Maßnahmen zu beschließen, die genau das verhindern.“ Jetzt bestehe wohl die letzte Chance, „uns die erkämpften Freiheiten der letzten Monate zu bewahren“, fügte er mit Blick auf Senatsbeschlüsse zur Ausweitung der Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen hinzu. Es komme nun auf die Disziplin jedes Einzelnen an, die Regeln umzusetzen. „Wenn wir es nicht schaffen, die Infektionszahlen zu bremsen, wird es weitere Einschränkungen geben müssen.“
Einen zeitlich begrenzten Lockdown lehnte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) ab. Zugleich erklärte sie, dass das Infektionsgeschehen in Berlin kaum noch nachzuvollziehen sei. Man könne die Fälle nicht mehr einzelnen Ausbrüchen zuordnen. Deswegen müssten allgemeine Corona-Regeln wie reduzierte Kontakte, Maskenpflicht und Abstand halten durchgesetzt werden.
Datum: 22. Oktober 2020, Text: Manfred Wolf, Bild: Bill_Knospi/Ulf Teichert