
Leserin Christel Krause hatte eine Vorahnung.
Es ist für mich eigentlich ein großer Tag gewesen, der 9. November 1989. Aber es ist nur eine kleine Geschichte, die ich erzählen möchte.
Am besagten Tag waren mein Mann und ich im Friedrichstadtpalast. Da es wunderschön war, war ich aufgekratzt und unternehmungslustig. Kurz nach 22.30 Uhr verließen wir das Theater und wollten mit dem Trabi nach Hause in Adlershof fahren. Als mein Mann in Richtung „Unter den Linden“ fuhr, sagte ich ihm, er soll nach rechts fahren, ich wolle einen Ku’damm-Bummel machen. Von ihm kam nur ein ironisches „Ja, sicher“. Es klang wie „Du hast ja einen Vogel“. Er fuhr also nach links, nach Hause. Nachts machte mein Mann noch den Fernseher an und glaubte nicht, was er da hörte. „Siehst du, du wolltest ja nicht auf mich hören, wir hätten den Ku’damm-Bummel machen können“, jaulte ich vor mich hin. Das haben wir dann am nächsten Tag tatsächlich gemacht. Gegen 20.30 Uhr habe ich auf dem Ku’damm gestanden und habe auf die Gedächtniskirche geschaut. Mir liefen die Tränen über die Wangen. Die Zeit, die darauf folgte, werde ich niemals vergessen.
Hätte einer mir an diesem Tag gesagt, dass ich knappe zwei Jahre später bei Telekom am Ernst-Reuter-Platz arbeiten würde, den hätte ich für verrückt erklärt. Seitdem geht es uns gut.
Datum: 6. November 2019, Text: Christel Krause, Bild: imago images/Sven Simon