„Starke-Familien-Gesetz“ erntet durchwachsene Reaktionen.
Als Bezirksbürgermeisterin von Neukölln hatte Franziska Giffey häufig mit Kinderarmut zu tun. Um die finanzielle Situation sozial benachteiligter Familien zu verbessern, sei aber der Bund in der Pflicht, sagte sie damals oft. Das hat die SPD-Politikerin jetzt in der Hand. Seit vergangenem Frühjahr ist die 40-Jährige Bundesfamilienministerin. Vergangene Woche stellte sie mit Sozialminister Hubertus Heil (SPD) das „Starke-Familien-Gesetz“ vor.
Einzelfall zählt.
Und das sind die Kernpunkte des vom schwarz-roten Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurfs: Zum 1. Juli wird der Kinderzuschlag um 15 auf dann 185 Euro pro Kind und Monat erhöht. Damit soll, zusammen mit dem Kindergeld und den Leistungen für Bildung und Teilhabe, das durchschnittliche Existenzminimum eines jeden Kindes gesichert werden. Außerdem sorge die Neuregelung dafür, dass andere Zahlungen zugunsten des Kindes, wie zum Beispiel Unterhalt, den Kinderzuschlag nicht mehr so stark wie bisher mindert, hieß es aus dem Bundesfamilienministerium. Damit werde der Kinderzuschlag für Alleinerziehende geöffnet.
Einzelfall zählt
Ob eine Familie Kinderzuschlag erhält, ist aber vom Einzelfall abhängig. Dabei geht es um die Anzahl der Kinder, deren Alter und die Wohnkosten. Auch das Paket für Bildung und Teilhabe wird ausgebaut und „deutlich vereinfacht“. So wird das Schulstarterpaket von 100 auf 150 Euro im Jahr erhöht. Jedes Schulkind soll gut ausgestattet in das neue Schuljahr starten können. Alle anspruchsberechtigten Kinder bekommen ein kostenfreies Mittagessen in Schule, Kita und Kindertagespflege sowie ein Gratis-Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr. Von dem Gesetz würden insgesamt vier Millionen Kinder profitieren.
Unter Berliner Familienpolitikern stößt der Gesetzentwurf auf ein verhaltenes Echo. Marianne Burkert-Eulitz von den Grünen: „Das Gesetz bringt ein paar Vereinfachungen. Um jedoch tatsächlich alle Anspruchsberechtigen zu erreichen, sollte die Zahlung des Kinderzuschlags automatisch erfolgen, auf der Grundlage eines Antrags für alle benötigten Leistungen.“ Für den nachhaltigen Abbau von verdeckter Kinderarmut sei „dringend“ eine Diskussion über eine Kindergrundsicherung nötig. „Diese muss den Anrechnungswirrwarr und Antragsdschungel unterschiedlicher Leistungen beenden.“
Ähnlich äußert sich Thorsten Weiß (AfD): „Dieses Gesetz ist eine Nebelkerze und erreicht nur einen geringen Teil der Anspruchsberechtigten. Das Ziel geringer bürokratischer Hürden wurde verfehlt.“ Heinz Hilgers, der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, sprach von einem „Starke-Bürokratie-Gesetz“.
Was bringt ein höherer Kinderzuschlag?
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Datum: 17. Januar 2019. Text: Nils Michaelis. Bild: Thinkstock/iStock/JackF