Hat der Berliner Airport Tegel auch nach Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens eine Chance?
Seit Dienstag steht fest: Die Berliner dürfen in einem Volksentscheid über den Weiterbetrieb abstimmen. Allerdings ist offen, ob ein positives Votum den mehr als ein Jahrzehnt zurückliegenden Schließungsbeschluss noch kippen kann. Denn Gegenstand des Volksentscheids, der voraussichtlich am Tag der Bundestagswahl am 24. September stattfindet, ist kein Gesetzentwurf, sondern ein im Grunde wenig verbindlicher Appell.
Lärmschutz für Anwohner
Bei einem von der Bürgerinitiative „Berlin braucht Tegel“ initiierten Volksbegehren kamen 204.263 gültige Unterschriften zusammen. Das sind rund 30 000 mehr als erforderlich, wie Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach mitteilte. Deshalb folgt nun der Volksentscheid. Bisherigen Planungen zufolge soll Tegel spätestens sechs Monate nach der BER-Eröffnung dicht machen. Nach mehreren Terminverschiebungen am BER soll das nunmehr 2018 der Fall sein. Die Initiatoren des vor allem von der FDP vorangetriebenen Volksbegehrens argumentieren, wegen stark gestiegener Passagierzahlen werde Tegel auch danach gebraucht. Sowohl die rot-rot-grüne Koalition in Berlin als auch Rot-Rot in Brandenburg wollen hingegen nicht an der Schließung rütteln. Sie verweisen auf rechtliche Festlegungen und den Lärmschutz für die Anwohner im Berliner Norden. Auch gibt es fortgeschrittene Pläne für einen Forschungs- und Industriepark sowie Wohnungen auf dem bisherigen Flughafengelände. Im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag sei die Schließung Tegels zugunsten von Gewerbeflächen und dringend benötigtem Wohnraum festgeschrieben, sagte Senatssprecherin Claudia Sünder.
„Was den Senat betrifft, hat sich an der rechtlichen Grundlage noch nichts geändert.“ Gleichwohl nehme man das Votum sehr ernst, auch das Abgeordnetenhaus werde sich damit befassen. Grundsätzlich bewerte der Senat so viel politische Beteiligung der Bürger positiv.Brandenburgs Regierungssprecher Florian Engels sagte: „Der Umgang mit dem Volksbegehren ist eine reine berlininterne Angelegenheit.“ Die Flughafengesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg hätten sich stets für das Konzept des Single-Airports BER in Schönefeld ausgesprochen. „Daran hat sich nichts geändert.“ Berlins FDP-Fraktionschef und -Generalsekretär Sebastian Czaja forderte angesichts des erfolgreichen Volksbegehrens ein Umdenken der Verantwortlichen. „Die Bürger dieser Stadt haben mehr politischen Verstand als ihr Senat“, sagte er. „Eine fortdauernde Blockade der Offenhaltung Tegels durch den Senat wäre ein Irrtum mit fatalen Folgen für die Weltmetropole Berlin.“ Nur mit Tegel könnten die Kapazitäten- und Verkehrsprobleme gelöst werden.
Details diskutieren
CDU-Fraktionschef Florian Graf erklärte: „Der Respekt vor dem Votum der Bürger gebietet es, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten gemeinsam mit Experten alle Details auf ihre Machbarkeit diskutieren, um die beste Lösung für den Berliner Flugverkehr zu finden.“ Die AfD-Fraktion erklärte, der Senat dürfe den Volksentscheid nicht sabotieren. Auch sie plädierte für die Offenhaltung Tegels. Der Verein „Mehr Demokratie“ forderte den Senat auf, einen möglichen erfolgreichen Volksentscheid für die Offenhaltung Tegels ernst zu nehmen.
dpa/bb, Bild: Paul Zinken/dpa