Berliner Ärzte kritisieren Corona-Ampel

In einem offenen Brief an Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) kritisieren Berliner Amtsärzte die  Corona-Ampel als „medizinisch nicht nachvollziehbar“

Am 12. Mai hatten der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (beide SPD) über ein neues Ampel-System informiert. Dieses solle die Übertragungsdynamik des Corona-Virus sowie die Belastung des Gesundheitssystems im Blick haben. Drei Indikatoren seien für die Corona-Ampel festgelegt worden: Die Reproduktionszahl, die Zahl von Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und die Auslastung und Kapazitäten der ITS-Betten. Wir haben darüber berichtet.

Kritische Stimmen

Kurz nach Bekanntgabe des Ampel-Systems wurden die ersten kritischen Stimmen laut. In einem offenen Brief an Gesundheitssenatorin Kalayci kritisieren Berliner Amtsärzte die vorgestellten Pläne. Wie der rbb berichtet, bezeichnen sie das System als „medizinisch nicht nachvollziehbar“.  Weiter heißt es: „Die geplanten Maßnahmen wurden vorab den Gesundheitsämtern nicht kommuniziert.“ Die Informationen zum Ampel-System und zur sogenannten Teststrategie habe man aus der Presse erfahren und sei „fachlich-medizinisch in keiner Weise angehört oder eingebunden worden“. Die von Kalayci angekündigte Änderung der Teststrategie soll es möglich machen, künftig auch Menschen ohne Symptome auf das Corona-Virus zu testen.

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In der Bevölkerung entstünden Verunsicherungen und Irritationen, da sich diese mit Anfragen an die Ärzte wenden würden, „die wir nicht beantworten können“.

Keine Grundlage

Auch der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid übt Kritik. Laut des Systems solle die Ampel von Grün auf Gelb springen, wenn die Marke von Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen erreicht wird, bei 30 Neuinfektionen auf Rot. „Die Zahl 20 und 30, für die gibt es überhaupt keine Grundlage, die ist völlig aus der Luft gegriffen“, äußerte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Ähnlich beurteilt er die zwischen Bund und Ländern getroffene Festlegung von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. „Ich muss Zahlenentwicklungen im Blick haben, das ist viel wichtiger als absolute Werte.“

Datum: 15. Mai 2020, Text: Redaktion, Bild: imago images/Christian Ditsch