Ein Spaziergang durch Alt-Hohenschönhausen birgt manche Überraschung

Ihre Spiele tragen die Eisbären und Füchse hier nicht aus, wohl aber trainieren auf dem Gelände des Sportforums sowohl die Eishockeycracks im sogenannten Wellblechpalast als auch die Profihandballer im „Fuchsbau“. Mit etwas Glück kann man auch andere Spitzenathleten entdecken, wenn man hier über einen der bedeutendsten Olympiastützpunkte Deutschlands schlendert. Dorthin gelangen wir mit der M5 vom Alexanderplatz und steigen dann in der Sandinostraße aus.

Zentrale Anlagen

Danach überqueren wir die Konrad-Wolf-Straße über die Simon-Bolivar-Straße hinein in die Flusspferdhofsiedlung. Diese ist kein Verweis auf den Tierpark, sondern auf zwei bronzene Pferdeskulpturen, die den friedlichen Innenhof dieser für die 1930er-Jahre so typischen Wohnanlage schmücken und in deren zentraler Brunnenanlage „Zwei Pferde im Fluss“ von Hans Mettel stehen. Hier ist Hohenschönhausen sehr beschaulich.

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Auf der Goeckestraße schlendern wir bis zur Freienwalder Straße, biegen rechts zur Stasi-Gedenkstätte, Genslerstraße 66, ab. Hier befand sich bis in den Herbst 1989 hinein eines der berüchtigten Gefängnisse der DDR-Staatssicherheit. Heute gibt es geführte Rundgänge und eine spannende Dauerausstellung.
Wir verlassen die Gedenkstätte auf der Freienwalder Straße, überqueren wieder die Konrad-Wolf-Straße und spazieren über die Orankesee- und Scharnweberstraße zum Obersee.

Am 1900 erbauten Wasserturm (ab März wieder mit Barbetrieb) halten wir uns rechts. Auf der nördlichen Seeseite säumen prächtige Villen das Ufer, an dem man dennoch auf einem schmalen Weg entlangspazieren kann. Die bekannteste Villa ist das unter Denkmalschutz stehende Mies-van-der-Rohe-Haus (Landhaus Lemke), in dem es regelmäßig Ausstellungen gibt.

Ehemaliges Rathaus

Vom Obersee sollte man sich bei schönem Wetter einen Abstecher zum nahen Orankesee gönnen, um auf den Orankesee-Terrassen einen Kaffee zu trinken oder ein kühles Getränk zu sich zu nehmen. Von dort aus geht’s weiter Richtung Norden zum sehenswerten Naturschutzgebiet am Faulen See. Die Suermondstraße entlang geht es, bis sie die Konrad-Wolf-Straße kreuzt, die dann zur Hauptstraße wird. Hier befindet sich mit der Hausnummer 50 das ehemalige Rathaus der Landgemeinde Hohenschönhausen. Das Gebäude wurde 1909 errichtet. Im Erdgeschoss waren die Büros des Gemeindevorstandes, der Sitzungssaal sowie die Polizeiwache. Eine Etage darüber befand sich die Wohnung des Gemeindevorstehers. In der zweiten Etage sowie im Dachgeschoss gab und gibt es auch heute noch Wohnungen.

Weiter geht’s zum Schloss Hohenschönhausen, das leider wegen Sanierungsarbeiten geschlossen ist. Bis 1736 residierte hier die Adelsfamilie von Röbel, danach diente der Bau noch weiterhin als Wohnhaus für die jeweiligen Gutsherren. Nachdem Gut und Gemeinde im Jahr 1911 zusammengelegt wurden, wohnte hier in den 1920er-Jahren Paul Schmidt, der unter anderem die Taschenlampe und die Trockenbatterie erfand und die berühmte Firma Diamond gründete. Schmidt verkaufte das Gebäude schließlich 1929 an die Stadt Berlin, die es unter anderem als Kinderhort nutzte.

Im Zweiten Weltkrieg war hier die örtliche Luftabwehrzentrale untergebracht. Nach Kriegsende wurde hier ein Krankenhaus installiert, ab Anfang der 1970er-Jahre diente es nur noch als Frauenklinik, nach 1990 stand es zunächst leer. Ein Förderverein wandelte es seit 2009 zum Bürgerschloss um.

Originaler Altar

Noch ein Stück weiter duckt sich die Taborkirche im Schatten eines Hochhauses. Sie ist das älteste Gebäude des Ortsteils, stammt angeblich aus dem späten 13. Jahrhundert. Im Jahr 1953 musste der Kirchturm entfernt werden, da das Fachwerk im Inneren vollkommen vermodert war. Der Marienaltar der Kirche wurde 1924 aus der Wartenberger Dorfkirche hierher verlegt, er stammt aus der Zeit um 1450. Die originale Altargruppe mit dem Bild der Jungfrau Maria kam etwa im gleichen Jahr in die Berliner Nikolaikirche, heute kann sie im Märkischen Museum betrachtet werden. Gleich hinter der Kirche ist übrigens die Haltestelle Gehrenseestraße der Tram-Linien M4 und M5, die wieder Richtung Innenstadt fahren.

Datum: 27. Februar 2020 Text: Julia Brodauf Bild: imago images/Jürgen Ritter