
Berlin plant ein neuartiges Modellprojekt mitten im Kreuzberger Graefekiez. Bald könnte es dort nämlich ein Parkplatzverbot geben. Anwohner sollen ihre privaten Fahrzeuge dann für einen Sonderpreis von 30 Euro monatlich im Parkhaus Hermannplatz parken.
Für die angestrebte Verkehrsberuhigung im Kiez sei das Ganze laut der SPD und den Grünen eine gute Lösung. Aber sehen das die Anwohner genauso? Das Berliner Abendblatt hat mal nachgefragt – und die Meinungen gehen auseinander.
Nahende Probleme für bestimmte Berufsgruppen
“Find ich super” freut sich Gabriel*. “In einer Großstadt wie Berlin ist das schrecklich mit diesem ganzen Blech, das sinnlos rumsteht. Das muss hier nicht sein. Hier steht ja eh schon viel rum, es ist einfach viel zu voll. Gerade, weil es hier auch viele Spielstraßen gibt.”
Gudrun*, die direkt im Graefekiez wohnt, hat Bedenken. “Ich bin Fahrradfahrerin, aber meine Kollegen und Kolleginnen aus der Pflege sind alle mit dem Auto unterwegs und das wird für die ein absoluter Albtraum. Es suchen ja jetzt schon alle Parkplätze, weil es immer mehr von diesen offenen Runden gibt – also noch weniger Parkplätze. Dann gibt’s halt gerade mal einen Supermarkt hier mit einem großen Parkplatz, aber der ist dann wahrscheinlich bald krachend voll. Was auch nicht Sinn und Zweck der Sache ist.”
Es soll allerdings geplante Sonderregelungen und Ausnahmen geben, insbesondere für Menschen mit Behinderungen sowie für Sharing- Fahrzeuge wie Autos, Elektroroller, Fahr- oder Lastenräder. Außerdem soll das Befahren der Straße weiterhin möglich sein, für Einsatzfahrzeuge und Rettungswagen, sowie für An- und Zulieferer.
Für’s Klima die richtige Lösung?
Susanne*, die selbst nur mit Fahrrad und den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, befürwortet den Vorschlag. “Ich finde es kurz und knapp gut. Es werden viele Diskussionen darüber geführt und es gibt viele Standpunkte dazu, aber natürlich einen übergeordneten und der spricht für’s Klima. Das ist das Wichtigste. Einzelinteressen müssen sicherlich berücksichtigt werden, dort wo sie berücksichtigungsfähig sind, sei es für die Behinderten oder für Gewerbetreibende.”
Überfüllung der anderen Kieze
Stefan* ist Autofahrer – er parkt zwar nicht im Graefekiez, hält den Vorschlag aber trotzdem für schwierig. “Die, die hier bis jetzt geparkt haben, werden auf jeden Fall Probleme haben. Die umliegenden Bezirke werden überfüllter werden, das Problem wird sich quasi einfach nur verschieben. Das Problem wird einfach nur verlagert. Dann sieht es auf den ersten Blick aus, als wäre hier alles freier, aber was passiert dann mit diesen Autos? Alle umliegenden Kieze, die das betrifft, da kommt das noch on top. Es wäre wichtig, darüber mal nachzudenken.”
Sollte der parkplatzfreie Graefekiez also wirklich kommen: Begeistert sind nicht alle Anwohner – ob Radfahrer, Autofahrer oder Fußgänger.
*Namen von der Redaktion geändert
Text: Sophia Völkel