Radfahrer sind neben Fußgängern im Berliner Straßenverkehr besonders gefährdet. (Foto - Produktion)
Radfahrer sind neben Fußgängern im Berliner Straßenverkehr besonders gefährdet. (Foto - Produktion) Foto: Jens Kalaene/dpa

Berlin (dpa/bb) – Mehr Blitzer, mehr Punkte in Flensburg und mehr Mittelinseln könnten den Verkehr in Berlin nach Überzeugung von Experten deutlich sicherer machen. «Berlin hat Nachholbedarf beim Thema Kontrollen», sagte die Leiterin der Unfallforschung der Versicherer (UDV), Kirstin Zeidler, der Deutschen Presse-Agentur. «Wir wissen, dass zum Beispiel Geschwindigkeitskontrollen zu mehr Disziplin führen.» Ideal sei dafür eine Mischung aus festen und mobilen Blitzern.

«Stationäre sind an kritischen Stellen sinnvoll, etwa vor Schulen, Kindergärten oder Seniorenheimen», sagte Zeidler. «Nach kurzer Zeit weiß man, wo sie stehen und hält sich ans Tempolimit.» Aber schon kurz hinter dem Blitzer nehme die Geschwindigkeit wieder zu. «Deswegen brauchen wir zwingend auch mobile Blitzer, die an wechselnden Stellen stehen.» 

Zwei Gruppen fallen unter den Verkehrstoten auf

Beim Blick auf die Verkehrstoten in Berlin im vergangenen Jahr fallen zwei Gruppen auf: Fußgänger und ältere Verkehrsteilnehmer. «Von den 55 Verkehrstoten in 2024 waren 24 Fußgänger – gut doppelt so viele wie im Jahr davor. Und es gab 27 getötete Seniorinnen und Senioren», sagte Zeidler. 

«Mit dem demografischen Wandel sind immer mehr Ältere im Berliner Straßenverkehr unterwegs.» Für sie müsse es deshalb mehr Möglichkeiten geben, sicher über die Straße zu kommen.

«Das können Ampeln sein oder Zebrastreifen. Ich bin ein Fan von Mittelinseln», sagte Zeidler. «Sie haben den Vorteil, dass Ältere oder auch Kinder zwei Fahrstreifen nacheinander bewältigen und sich einzeln darauf konzentrieren können.» Und das sei eine gute Sache. «Für Fußgänger ist das Überqueren von Straßen eine typische Unfallsituation.»

Kreuzungen sind für Radfahrer besonders gefährlich

Zu Radfahrunfällen komme es häufig an Kreuzungen sowie Grundstücksein- und ausfahrten – vor allem beim Abbiegen. «Voraussetzungen zu schaffen, dass Radfahrer an Kreuzungen vorn stehen, ist eine gute Überlegung», sagte Zeidler mit Blick auf einen Vorschlag von Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU). «Die Goldlösung ist aber, getrennte Ampelphasen anzubieten. Die Radfahrer bekommen Grün, während der Abbiegeverkehr warten muss und umgekehrt.»

Für mehr Verkehrssicherheit sorgen nach Einschätzung der Experten außerdem klare Konsequenzen nach Regelverstößen. «Generell sind Punkte ein gerechteres Mittel als höhere Geldbußen, weil sie unabhängig vom Geldbeutel wirken», sagte Zeidler, die seit Februar 2024 die Unfallforschung der Versicherungswirtschaft in Berlin leitet. 

«Punkte disziplinieren auch mehr, weil die Gefahr besteht, den Führerschein zu verlieren. Wer zum Beispiel mit dem Auto 15 Stundenkilometer zu schnell fährt, dem drohen 50 Euro. Wir sagen 50 Euro und ein Punkt sind richtig», erklärte Zeidler. 

«Statt für 75 Euro und einen Punkt für zu dichtes Auffahren sind wir für 75 Euro, einen Punkt und einen Monat Fahrverbot.» Die Unfallforschung hat das Thema untersucht: «Bei diesen Sanktionshöhen gaben die Probanden an, sich an die Regel zu halten.» 

Unfallrisiken sollten schneller beseitigt werden

Vor allem plädiert Zeidler aber für mehr Tempo – beim Beseitigen von Unfallrisiken. «Wir haben in Berlin 1.600 lange bekannte Unfallhäufungsstellen», sagte sie. Laut dem Mobilitätsgesetz sei das Ziel, 30 im Jahr abzuarbeiten, also die Probleme zu lösen, die dort zu Unfällen führen. 

«Aber bei 30 pro Jahr brauchen sie mehr als 50 Jahre, das dauert ewig. Und selbst die 30 hat Berlin zuletzt nicht geschafft», kritisierte Zeidler. «An der Stelle muss personell aufgestockt werden.»