Am Internationalen Frauentag starten weltweit Kundgebungen.Bild: Getty Images Plus/iStock/Adrian Vidal
Am Internationalen Frauentag starten weltweit Kundgebungen.Bild: Getty Images Plus/iStock/Adrian Vidal

Männer sollten am Internationalen Frauentag am 8. März arbeiten gehen, finden manche Frauen.

„Frauen müssen sichtbarer werden“, forderte Franziska Giffey, seinerzeit Bundesfrauenministerin, anlässlich des Internationalen Frauentages vor zwei Jahren. Damit meinte die SPD-Politikerin, dass bei der Gleichstellung von Frauen und Männern – insbesondere, was Führungspositionen betrifft – noch viel zu tun bleibt.


 

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Zwei Jahre später kursiert eine ganz andere Idee: Wie wäre es, wenn das weibliche Geschlecht einfach mal unsichtbar bleibt, zumindest am 8. März? Das gilt allerdings nur für das Arbeitsleben. Manch eine Berliner Frau fragt sich: Warum sollen am Internationalen Frauentag, seit 2019 ein gesetzlicher Feiertag in der Hauptstadt, auch die Männer freihaben? Wäre es nicht gerechter, wenn an diesem symbolträchtigen Tag allein Frauen ihren Schreibtisch oder ihre Werkbank verwaisen lassen und die Männer die Stellung halten?

Weniger Gehalt

Gute Gründe gibt es genug. Da wäre zum Beispiel die anhaltende Gehaltskluft zwischen Frauen und Männern. Rein statistisch gesehen verdienen Frauen im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Das hat auch damit zu tun, dass viele Frauen in vergleichsweise schlecht bezahlten Branchen arbeiten, seltener Führungsjobs haben und häufig Teilzeitstellen besetzen. Da könnte es doch ein fairer Ausgleich sein, wenn das weibliche Geschlecht wenigstens bei den Feiertagen die Nase vorn hat.

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Und auch eine weitere statistische Größe liefert Argumente: Nimmt man die Löhne und Gehälter der männlichen Bevölkerung als Vergleichsgrundlage, arbeiten Frauen bis zum 7. März eines jeden Jahres für umsonst. Daher wird seit vielen Jahren am 7. März der Equal Pay Day („Tag der Entgeltgleichheit“) begangen. Wäre es da nicht ein Zeichen der Anerkennung, wenn Frauen am ersten „bezahlten Tag“, also am 8. März, eine Pause einlegen?

Spötter bestrafen

Eigentlich braucht es keine Zahlen, um am 8. März allein den Frauen einen freien Tag einzuräumen. Viele Männer begleiten den Internationalen Frauentag mit Spott oder halten ihn für überflüssig. Es klingt verlockend, all die Meckerer und Spötter vom Genuss eines unverdienten Feiertages auszusperren. Wer das fordert, wird sich kaum mit dem Hinweis, dass eine derartige Ungleichbehandlung rechtlich unmöglich ist, davon abbringen lassen.

Den Befürwortern spielt der Blick zurück in jene Zeiten in die Hände, als auch in Berlin noch viele Menschen Mitglied einer christlichen Kirche waren. Früher war es normal, dass katholische Kinder an katholischen Feiertagen zu Hause blieben und ihre evangelischen Mitschüler zur Schule mussten. Warum sollte so ein Prinzip nicht auch beim Umgang mit dem Frauentag möglich sein?

Und doch: Der „Frauentag nur für Frauen“ ist nur ein Gedankenspiel. Es gibt viele gute Gründe, dass alle Geschlechter und Identitäten vom 8. März profitieren. Zum Beispiel, damit sie Muße finden, sich Seite an Seite mit Frauen für mehr Gleichberechtigung einzusetzen. So könnten sich auch Männer „ihren“ Frauentag verdienen.

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Text: Nils Michaelis