Trauerdemo für Hatun Sürücü am 22. Februar 2005 in der Oberlandstraße. Bild: IMAGO/Fabian Matzerath
Trauerdemo für Hatun Sürücü am 22. Februar 2005 in der Oberlandstraße. Bild: IMAGO/Fabian Matzerath

Sie musste sterben, weil sie frei sein wollte: Am 7. Februar jährt sich der Tod von Hatun Sürücu zum 18. Mal. Gleichstellungs- und Frauensenatorin Ulrike Gote fordert, den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen auszuweiten.

Vor 18 Jahren, am 7. Februar 2005 wurde Hatun Sürücü von ihrem Bruder auf offener Straße, in Tempelhof-Schöneberg, erschossen, weil sie ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen führen wollte. Ihr gewaltsamer Tod hat eine breite gesellschaftliche und politische Debatte über sogenannte „Gewalt im Namen der Ehre“ und Zwangsheirat ausgelöst.

Gleichstellungs- und Frauensenatorin Ulrike Gote: „Meine Gedanken sind heute bei Hatun Sürücü, aber auch bei Zohra G. und alle weiteren Frauen und Mädchen, die Opfer eines Femizids geworden sind. Ich denke auch an die Frauen und Mädchen, die gegen ihren Willen in eine Ehe gezwungen werden oder auf andere Art geschlechtsspezifische Gewalt erfahren.“

„Extreme Manifestation männlicher Dominanz“

Gewalt gegen Frauen sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich nicht auf ein bestimmtes Milieu oder auf eine Personengruppe reduzieren lässt. Gote: „Der Femizid ist die extremste Form von Gewalt gegen Frauen: die Tötung einer Frau, weil sie eine Frau ist, als Hassverbrechen und extreme Manifestation männlicher Dominanz.“

„Wir müssen die drohende Gefahr eines Femizids noch schneller erkennen und besser einschätzen. Hierfür bauen wir bereits die behördenübergreifende Zusammenarbeit aus und beziehen nicht-staatliche Institutionen ein“, so die Grünen-Politikerin. Es sei notwendig, das Thema geschlechtsspezifische Gewalt in der Aus- und Fortbildung unterschiedlicher Berufsgruppen zu verankern und mehr Schutzplätze zu schaffen.

Neue Wege zur Bekämpfung von Gewalt

Und weiter: „Wir werden uns genau anschauen, welche Zugangsbarrieren es weiterhin erschweren, dass gewaltbetroffene Frauen und Mädchen schnell, niedrigschwellig und frei von Diskriminierung Schutz und Unterstützung erfahren. Ich bin sehr froh, dass wir mit der Istanbul Konvention ein Instrument haben, das uns hierzu verpflichtet, aber auch darin unterstützt, neue Wege zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu gehen.“

 

Das Grab von Hatun Sürücü auf dem muslimischen Friedhof in Gatow. Bild: IMAGO/Jürgen Ritter
Das Grab von Hatun Sürücü auf dem muslimischen Friedhof in Gatow. Bild: IMAGO/Jürgen Ritter

 

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die sogenannte Istanbul Konvention, ist in Deutschland seit dem 1. Feburar 2018 in Kraft. Die vollständige Umsetzung dieser völkerrechtlich verbindlichen Konvention ist ein „erklärtes Ziel des rot-grün-roten Senats. Derzeit wird ein Landesaktionsplan erarbeitet.

Sieben Frauenhäuser in Berlin 

In Berlin stehen auf unterschiedliche Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt spezialisierte und auf verschiedene Zielgruppen zugeschnittene Beratungsangebote sowie sieben Frauenhäuser, 45 Zufluchtswohnungen und 50 Zweite-Stufe-Wohnungen zur Verfügung. Insgesamt verfügt Berlin damit aktuell über 872 reguläre Schutzplätze, hinzu kommen 30 Schutzplätze in drei temporären Frauen-Not-Wohnungen.

Noch in der ersten Jahreshälfte 2023 soll das achte Frauenhaus mit 40 Schutzplätzen für Frauen und ihre Kinder, auch für ihre Söhne bis 18 Jahre, in Betrieb genommen werden. Hinzu kommen weitere 15 Schutzplätze in einem Projekt für ein 24/7-Aufnahme- und Clearingangebot für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder.

Hilfe am Telefon

Die BIG-Hotline (030/6110300) bietet eine Erstberatung sowie Informationen über freie Frauenhausplätze. Jugendliche und junge Erwachsene können sich an den Jugend- und Mädchennotdienst (Telefon 030/611 00 62 und 030/61 00 63) und an die Kriseneinrichtung Papatya und deren online-Beratung SIBEL wenden. Für von Zwangsverheiratung betroffene LSBTI steht seit 2019 eine Krisenwohnung zur Verfügung.

Text: red