Winzer Robert Frischbier mit dem neuen Jahrgang
Karlshorst in der Flasche: Kiezwinzer Robert Frischbier mit dem aktuellen Jahrgang

Hobby-Winzer Robert Frischbier präsentieren Wein aus dem Kiez

Die Karlshorster haben etwas, worum sie von vielen anderen Berlinern beneidet werden: einen eigenen Wein. Ins Leben gerufen wurde die Idee für den edlen Tropfen, der inzwischen aus Trauben aus dem gesamten Kiez gemacht wird, von Hobby-Winzer Robert Frischbier. Er stellte vor zwei Jahren seinen ersten Wein her, weil die Rebstöcke in seinem Garten so gut trugen – ein Mini-Projekt zum Zeitvertreib, das dank sozialer Netzwerke so großes Interesse fand, dass sich der ganze Kiez beteiligen wollte.

Großes Projekt

Nach Monaten ist nun der große Augenblick gekommen: Langsam rinnt der Weißwein durch den dünnen Schlauch aus dem großen Glasballon in die Flasche, sie füllt sich mehr und mehr – und plötzlich steht sie auf Frischbiers Küchentisch, die erste Abfüllung des Karlshorster Weines, Jahrgang 2018. „Ich hätte nie gedacht, dass aus einer Spaß-Idee ein großes Projekt werden könnte“, sagt der 39-Jährige. „Aber die Resonanz auf den ersten Karlshorster Wein war so groß, dass wir es einfach etwas größer angehen mussten!“ Etwas größer? Im ersten Jahr stellte Frischbier 19 Flaschen her, jetzt sind es rund 230.

Riesige Resonanz

Alles begann im Jahr 2017, das vor allem durch einen verregneten Sommer in Erinnerung blieb. Frischbier pflanzte vor seinem Haus Weinstöcke. „Das durchwachsene Wetter führte dazu, dass sie gut trugen“, sagt er. Was tun mit kiloweise Trauben? Frischbiers Vater zauberte aus dem Keller seine Ausrüstung für die Weinherstellung hervor. Ergebnis: 19 Flaschen fast bernsteinfarbener Weißwein, den Frischbier wegen des Wetters „Karlshorster Dreckssommer“ taufte. Die Resonanz: riesig. Wegen der Nachfrage wurde eine Flasche versteigert, der Erlös, stolze 150 Euro, ging an die

Freiwillige Helfer

2018 erlebte das Projekt eine Fortsetzung. Frischbier tat sich mit dem Potsdamer Winzer Romano Voß (31) zusammen. Gemeinsam starteten sie einen Aufruf nach Trauben aus Karlshorst. „Wir bekamen sogar so viele angeboten, dass wir einigen Spendern absagen mussten, weil wir gar nicht die Kapazitäten für die Produktion hatten“, sagt Frischbier.

Die Erkenntnis: Wein wächst im Kiez überall, auch, weil viele Hobby-Gärtner die Reben als Sichtschutz nutzen. Gemeinsam mit freiwilligen Helfern, darunter Studenten von der HTW, fuhr der Hobby-Winzer durch den Ort, sammelte die Früchte ein. „Wir hatten alle Dimensionen dabei – von 600 Gramm bis 60 Kilo.“ Unklar ist, welche Rebsorten eigentlich im fertigen Wein stecken. „Wir haben versucht, das in Teilen zu bestimmen, aber weil die Trauben aus den unterschiedlichsten Gärten kommen, kann man es nicht mit Sicherheit sagen.“

Eleganter Wein

Anja Schröder (42) ist Weinexpertin und leitet die Fachhandlung „Planet Wein“ am Gendarmenmarkt. Sie durfte die erste Flasche des Karlshorster Tropfens öffnen. „Der Wein ist sehr leicht, aromatisch, trocken, hat eine kräftige Säure. Das trifft den heutigen Zeitgeist, denn leichte und elegante Weine liegen im Trend“, sagt sie. „In jedem Fall ist er gut gemacht. Es ist ein typischer Terrassen-Wein. Mir persönlich fehlt nur etwas der Mittelteil – man nimmt den ersten Schluck, schmeckt viel Säure und verschiedene Zitrusaromen, aber dann ist der Geschmack abrupt weg, es bleibt nur die Säure übrig.“

Den Karlshorstern wird es trotzdem schmecken, denn so viel Liebe und Kiez-Geist dürfte wohl nur in wenigen Weinen stecken

Datum: 6. September 2019 Text: Florian Thalmann/Redaktion Bild: Markus Wächter


Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung der Berliner Zeitung.