Bei Problemen mit dem eigenen Kahn hilft Firma Pfennig in Grünheide
Irgendwann hat alles ein Ende – das trifft auf gute und schlechte Lebensabschnitte zu. Aber auch auf Boote. Mal ist es ein Leck, das den Hobby-Kapitän verzweifeln lässt, mal eine gesprungene Scheibe, mal ein defekter Motor. Wer nach einer Werkstatt sucht, in der ein schwimmender Untersatz verarztet werden kann, kommt in der Hauptstadtregion an einem Namen nicht vorbei: Pfennig.
Zwei Söhne
Grünheide, rund 25 Kilometer Luftlinie von Berlins Mitte. Ein großes Grundstück, darauf mehrere Hallen, es riecht nach Öl und Holz. Draußen ein Garten, idyllisch fließt die Löcknitz vorbei – und auf einem Plastikstuhl sitzt Frank Pfennig. „Das ist hier alles noch so wie vor fast 100 Jahren“, sagt er. Der 55-Jährige ist Bootsbauer in der inzwischen dritten Generation, führt noch heute das Geschäft, das sein Großvater Franz Pfennig einst gründete. Die Geschichte reicht sogar weiter zurück: Pfennigs Urgroßvater betrieb schon im 19. Jahrhundert eine Werft am Werlsee, die er an einen seiner beiden Söhne weitergab. Für den anderen, Frank Pfennigs Großvater, wurde eine neue Werkstatt in Grünheide gezimmert.
Heimlicher Chef
„Ab 1918 wurden hier Boote gebaut, offiziell gegründet wurde das Unternehmen 1921“, sagt er. Franz Pfennig starb 1959, seine Frau führte die Geschäfte weiter, weil Sohnemann Fredy noch nicht so weit war. „Er steckte noch in der Lehre, war nicht fertig“, sagt Pfennig. Der heimliche Chef war er dennoch – er führte die handwerklichen Dinge, seine Mutter erledigte den Papierkram. 1970 wurde er offiziell Chef. Im Jahr 2000 gab er das Geschäft an Frank ab – er führt die traditionsreichste Werft im Raum Berlin weiter. Pfennig hängt an dem Unternehmen – schon der Familie wegen. Die Werkstatt kennt er seit seiner frühen Kindheit in- und auswendig. „Andere Kinder waren im Sandkasten oder spielten Fußball, ich habe Boote gebaut.“
Vieles beigebracht
„Eigentlich war ich immer in der Werkstatt, denn mir machte das Spaß. Als kleines Kind habe ich die Dinge natürlich eher verschlimmbessert.“ Er lacht. „Also alles zerhauen. Aber dann, mit etwa zwölf Jahren, baute ich mein erstes Boot.“ Sein Vater habe ihn immer mitarbeiten lassen, ihm vieles beigebracht. „Er hat immer gesagt: Komm, hier, kannste machen. Aus Arbeit lernt man, nicht aus der Lehre.“ Eine Lehre habe er trotzdem gemacht, natürlich in der Werkstatt. „Ich habe angefangen und wusste nichts, aber wiederum schon ziemlich viel. Vom ersten Tag an habe ich das meiste allein gemacht“, sagt er.
Früher baute die Firma Segelboote, Ruderboote, Sportboote – aus Holz. Sie gingen in die ganze Welt. „Wir hatten immer viel zu tun, Boote rein, Boote raus, immer Arbeit.“ Heute sind Holzboote nicht so beliebt, für die Freizeitkapitäne sind Plastik-Modelle wesentlich erschwinglicher. Deshalb hat sich das Geschäftsmodell verändert. „Boote bauen wir keine mehr. Wir reparieren und handeln mit verschiedenen Modellen.“ Aufträge gibt es aber genug.
Nächste Generation
„Pro Tag lege ich mir einen Termin – und es ist noch immer Luft für spontane Besuche.“ Ob es aber eine nächste Generation geben wird, steht noch in den Sternen. Pfennig würde das Unternehmen gern in guten Händen wissen. „Meine Tochter Alexandra studiert derzeit Chemie in Potsdam. In irgendeiner Form wird sie es bestimmt übernehmen, aber sicherlich wird hier kein Bootsbau mehr stattfinden. Schön wäre es nur, wenn die Werkstatt erhalten bleibt.“ Es wäre schade um die Tradition. „Aber dann wäre halt nach mehr als 100 Jahren Schluss. Wenn eine Firma nach 500 Jahren schließt, ist es auch schade. Aber alles hat eben ein Ende.“
Datum: 22. August 2019 Text: Florian Thalmann Bilder: Volkmar Otto
Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung des Berliner Kuriers