Drei Wochen nach Sachsen und Thüringen wird der Landtag in Brandenburg neu gewählt. (Archivbild)
Drei Wochen nach Sachsen und Thüringen wird der Landtag in Brandenburg neu gewählt. (Archivbild) Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa

Potsdam (dpa/bb) – Drei Wochen liegen zwischen den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sowie Brandenburg. Die Wahlen in Sachsen und Thüringen stehen für sich – doch die Ergebnisse geben wichtige Signale, die für die Abstimmung in Brandenburg am 22. September von Bedeutung sein können. Denn das Rennen ist eng.

Die Landtagswahl ist auch Woidkes Zukunftswahl

Ministerpräsident Dietmar Woidke, für den es um alles oder nichts geht bei dieser Wahl, will den Kampf gegen die AfD noch stärker in den Mittelpunkt rücken. Das bedeute, «dass wir vielleicht noch deutlicher als bisher auch darauf aufmerksam machen müssen, wofür diese AfD hier bei uns in Brandenburg steht», sagte Woidke nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen. «Sie steht für die Vergangenheit.»

Der SPD-Spitzenkandidat hält die Wahlen in den beiden Ländern nicht für vergleichbar. «Brandenburg hat eine ganz andere Grundlage auch erst recht für die Brandenburg-SPD», sagte er. In Brandenburg regiert die SPD seit 1990 mit wechselnden Partnern. Das will Woidke fortsetzen, doch die AfD – die der Verfassungsschutz als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstuft – liegt bisher in Umfragen vorn. Woidke hat seine politische Zukunft zudem mit einem Wahlsieg verknüpft.

Zuversicht trotz Platz zwei in bisherigen Umfragen

In der jüngsten Umfrage von August lag die AfD bei 24 Prozent vor der SPD mit 20 Prozent. Es ist ein enges Feld: Die CDU kam auf 19 Prozent, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf 17 Prozent. Bei der Wahl in Sachsen lag die SPD bei 7,3 Prozent, in Thüringen nur bei 6,1 Prozent.

Woidke zeigt sich unbeeindruckt von Umfragen und setzt auf den Effekt von vor fünf Jahren. Im Endspurt der Landtagswahl 2019 überflügelte seine SPD die AfD und landete mit 26,2 Prozent vor der AfD mit 23,5 Prozent. Er sei «fest davon überzeugt, dass wir in den nächsten Wochen beweisen werden, gerade am 22. September beweisen werden, dass die Umfragen auch in diesem Jahr wiederum nicht stimmen», sagte Woidke.

Die Wahl in Sachsen zeigt, dass der Amtsinhaberfaktor ziehen kann. Sachsens CDU und Ministerpräsident Michael Kretschmer haben mit dem Slogan «Weil es um Sachsen geht» geworben, Woidkes SPD hat das Motto «Es geht um Brandenburg». Bei der Frage einer Direktwahl liegt er deutlich vor seinen Mitbewerbern. Allerdings besteht die Gefahr, dass der Protest gegen die Ampel-Regierung Woidke einen Strich durch die Rechnung machen könnte. Deshalb will er Wahlkampf mit SPD-Kanzler Scholz möglichst vermeiden.

Politikforscher: AfD keine Protestpartei mehr

Der Potsdamer Politikwissenschaftler Jan Philipp Thomeczek sieht große Hürden für die SPD. «Die Umfragen in Thüringen und Sachsen war sehr nahe am tatsächlichen Ergebnis», sagte Thomeczek der Deutschen Presse-Agentur. «Insofern ist eher die Frage, ob Woidke überhaupt noch hoffen kann, dass die SPD vor der AfD landen kann. Er selbst ist sehr beliebt, aber leidet massiv unter der Unbeliebtheit der Ampel.»

Der Wissenschaftler hält die AfD nicht mehr für eine Protestpartei. «Die AfD ist mittlerweile zu etabliert, um als reine Protestpartei zu gelten», sagte er. Studien zeigten, dass eine große Gruppe sie aus Überzeugung wähle – das sei in Brandenburg nicht anders als in Sachsen und Thüringen.

Sollte die AfD in Brandenburg stärkste Kraft werden, hätte sie das gleiche Problem wie in Thüringen: Sie fände sehr wahrscheinlich keinen Partner zum Regieren. Die AfD sieht sich gestärkt. «Wir als AfD haben Rückenwind», sagte Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt.

Das BSW als neuer Machtfaktor

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) könnte in Brandenburg ähnlich wie in Sachsen oder Thüringen wichtig für die Frage einer Regierungsbildung werden. BSW-Landeschef und Arbeitsrichter Robert Crumbach – bis Anfang dieses Jahres SPD-Mitglied – bereitet die Landespartei auf einen Einzug in den Landtag vor. «Da wollen wir tatsächlich von Anfang an handlungsfähig sein», sagte Crumbach.

Die CDU unter Landeschef Jan Redmann sieht sich nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen gestärkt. Redmann betonte mit Blick auf Linke und AfD den Beschluss der Bundespartei: «Der Unvereinbarkeitsbeschluss zu AfD und Linke gilt.» Die CDU könnte in Brandenburg durch die Kritik an der Ampel im Bund weiter Rückenwind bekommen.

Die Grünen – wie die CDU Koalitionspartner der SPD – müssen in Brandenburg um den Einzug in den Landtag bangen. Sie hoffen, dass sie «für eine demokratische Regierungsbildung – auch in Brandenburg» gebraucht werden. Die Freien Wähler hoffen, dass sie über ein Direktmandat im Parlament sind.

Die Linke, die vor allem in Thüringen abstürzte, setzt auf Sicherheit. «Zukunftsängste haben die Wahlen dominiert», sagt Spitzenkandidat Sebastian Walter. Ein starker Wohlfahrtsstaat bekämpfe den Rechtsruck am besten – den fordere nur die Linke.

Das Szenario der AfD-Blockade

Offen ist, ob die AfD in Brandenburg wie in Thüringen erstmals eine sogenannte Sperrminorität bekommt. Wenn sie mehr als ein Drittel der Mandate im Landtag erhielte, könnte sie Entscheidungen blockieren, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig wäre.

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hält es für denkbar, dass die AfD in Brandenburg mit einem angenommenen Ergebnis von etwas mehr als einem Viertel der Zweitstimmen mehr als ein Drittel der Sitze im Landtag erlangen könnte.

Das könnte zustande kommen, wenn die AfD deutlich mehr Direktmandate holt als ihr nach dem Zweitstimmenanteil an Mandaten zustünden und die übrigen Parteien nicht genug Ausgleichsmandate erhielten – denn die Größe des Landtags ist bei 110 Mandaten gedeckelt. Derzeit sind es 88 Sitze.