Berlin (dpa/bb) – Der Politikforscher Thorsten Faas räumt dem neuen schwarz-roten Berliner Senat trotz eines «Fehlstarts» Chancen ein. «Man kann schon davon ausgehen, dass wenn es um das Abarbeiten des Koalitionsvertrages geht, sicher auch Auseinandersetzungen kommen werden, aber wir jetzt nicht permanent einen Senat erleben, der um die eigene Mehrheit bangen muss», sagte der Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin der Deutschen Presse-Agentur. «Die ist ja auch gar nicht so knapp, da kommt es nicht auf jeden und jede einzelne an.»
CDU-Landeschef Kai Wegner hatte bei der Wahl zum Regierenden Bürgermeister am Donnerstag im Abgeordnetenhaus erst im dritten Wahlgang die nötige Mehrheit erhalten. Die CDU und Koalitionspartner SPD haben im Abgeordnetenhaus allerdings sechs Stimmen Mehrheit. Die AfD erklärte danach, im dritten Wahlgang für Wegner gestimmt zu haben. Das führte zu Spekulationen, der neue Regierungschef hätte von der Unterstützung der Partei abhängig gewesen sein können. Vertreter von CDU und SPD wiesen dies zurück.
Der Wissenschaftler hält einen längerfristigen Imageschaden für Wegner für möglich. «Er ist ein neuer Bürgermeister, für viele Bürgerinnen und Bürger ist er ein unbeschriebenes Blatt und dann als erstes mit so einer misslungenen Wahl sichtbar zu werden, das ist schon ein Fehlstart», sagte Faas. Dies könne sein Image nachhaltig prägen. «Insofern ist der Start missglückt, aber das heißt jetzt keineswegs, dass da nicht trotzdem eine inhaltliche Arbeit in den Fokus geraten kann.»
Die SPD steht nach Ansicht des Politologen vor einer Gratwanderung. «Das ist für die SPD keine einfache Entscheidung gewesen. Mit dem rot-grün-roten Bündnis steht ja auch weiterhin grundsätzlich eine Alternative zur Verfügung, die für viele inhaltlich näher liegt», sagte Faas.
Wenn das Bündnis nicht funktioniere, sei es nicht nur für die frühere Regierende Bürgermeisterin und jetzige Senatorin Franziska Giffey schwierig. «Der schmale Grat, den es zu finden gilt, ist eben zu sagen: Wir wollen dieses Bündnis zum Erfolg führen, aber noch besser wäre es, wenn wir an der Spitze stünden. Da muss man schauen, wie gut das funktioniert.»