Der Fernsehturm wurde im Lauf der Zeit vom DDR-Symbol zum Sinnbild der ganzen Stadt.
Genau wie das Berliner Abendblatt hat auch der Berliner Fernsehturm eine waschechte DDR-Vergangenheit. Und genau wie das Abendblatt hat er es im Laufe der Jahre geschafft, auch im Westen Freunde zu finden. Nicht nur deshalb fühlen wir uns dem liebevoll genannten „Telespargel“ so nahe. Es ist wohl auch eine Art Familienzugehörigkeit, die der Fernsehturm uns täglich in Richtung Dachterrasse an der Alten Jakobstraße 105, die Adresse unseres Redaktionsbüros, sendet.
Hoch hinaus
52 Jahre alt ist er, 368 Meter hoch, auf 207 Metern befindet sich die Aussichtsplattform, von der aus man einen spektakulären Blick über die Stadt hat. Ebenfalls dort angesiedelt: ein Restaurant, das sich innerhalb einer Stunde einmal um die eigene Achse dreht. Fest steht: Wer in Berlin war, hat ihn gesehen. Keiner kommt an ihm vorbei. Jedes Jahr besteigen mehr als eine Million Besucher aus etlichen verschiedenen Ländern den Fernsehturm, welcher übrigens den zweithöchsten öffentlich zugänglichen Aussichtspunkt Deutschlands bietet. Vor vier Jahren wurde auf dem Thyssenkrupp-Testturm in Rottweil ein noch höherer Aussichtspunkt errichtet.
Bessere Zukunft
Es war am 3. Oktober 1969, als der Fernsehturm eingeweiht wurde. Das war kurz vor dem 20-jährigen Bestehen der DDR und es war der Startschuss für DFF 2, das zweite staatliche Programm der DDR. Das bedeutete: Farbfernsehen auf zwei Kanälen! Der in rund vier Jahren errichtete Sendeturm war eines der wichtigsten Symbole für die Überlegenheit der sozialistischen Gesellschaft, so jedenfalls hatte es der damalige DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht gesehen. Der Fernsehturm wurde von Hermann Henselmann und der Architektengruppe des Volkseigenen Betriebs (VEB) Industrieprojektierung Berlin entworfen. Für Ulbricht zeigte der Bau des Fernsehturms damals deutlich, dass man im Osten an der besseren Zukunft baute.
Ohne Genehmigung
Als Ulbricht über dem Alexanderplatz die Abrissbirne schwingen ließ und sogar mit Sprengungen rund 30.000 Quadratmeter Wohn-, Büro-, Verkaufs- und Lagerfläche dem Erdboden gleichmachen ließ, gab es für den Fernsehturm nicht mal eine Baugenehmigung. Erst als ein mächtiger Schornsteinrumpf rund 30 Meter aus dem Boden ragte, wurde dem Schwarzbau offiziell die Baugenehmigung erteilt. Während der Planungen zuvor war der Standort immer wieder auf dem Reißbrett verschoben worden. Von wo aus konnten DDR-Bürger das beste Signal für Funk und Fernsehen empfangen? Friedrichshain? Müggelberge? Ulbricht sagte, er müsse genau in der Mitte stehen – auch als Signal an West-Berlin. 53 Monate betrug die reine Bauzeit für das Gebäude aus Stahlbeton. Bereits im Jahr 1979 erhielt der Fernsehturm Denkmalstatus.
Sinnbild der Stadt
Während die DDR längst Geschichte ist, steht der Berliner Fernsehturm noch immer. Nach der deutschen Wiedervereinigung hat sich die Bedeutung des Fernsehturms vollständig gedreht: Er wurde vom DDR-Symbol zum Sinnbild der ganzen Stadt – ob als Sendemast, Aussichtsturm, Orientierungspunkt oder als beliebtes Wahrzeichen.
Text: Sara Klinke, Bilder: IMAGO / Shotshop, Sara Klinke