Die Mai-Langhornbiene ist sehr wählerisch, was ihre Nahrung angeht. In Berlin ist sie deshalb bereits ausgestorben.
Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ wählt seit 2013 jährlich eine besonders interessante Wildbienenart aus, um allen Menschen einen Einblick in die faszinierende Welt dieser nützlichen Tierchen zu ermöglichen und zu ermuntern, raus in die Natur zu gehen und die Insekten in ihrem Lebensraum aufzusuchen. In diesem Jahr darf die Mai-Langhornbiene den begehrten Titel tragen.
In Berlin ausgestorben
Für Berliner, die sich nie über die Stadtgrenzen hinaus bewegen, gibt es in puncto Entdeckungstour schlechte Neuigkeiten: Unsere Wildbiene des Jahres ist bundesweit betrachtet zwar nicht gefährdet, in Berlin jedoch ausgestorben. Das hängt stark mit dem mangelnden Angebot blütenreicher Wiesen zusammen. Denn was Nahrung angeht, ist die Mai-Langhornbiene sehr anspruchsvoll. Das Weibchen besucht ausschließlich Schmetterlingsblütler, um dort die Pollen zur Versorgung der Larven abzusammeln. Der Schlüssel für das Vorkommen der Mai-Langhornbiene sind ergiebige Bestände der Zaunwicke. Sie wächst auf nährstoffreichen Wiesen, ebenso wie die Vogelwicke und etliche andere Schmetterlingsblütler. Diese Pflanze ist zwar nicht gefährdet, doch musste vielfältiges Grünland hierzulande seit vielen Jahrzehnten einer stetig intensivierten Landwirtschaft weichen. Das blieb auch für vermeintlich „robuste“ Arten wie die Mai-Langhornbiene nicht ohne negative Folgen.
Lange Antennen
Meist ab Mitte April bis Anfang Mai lassen sich die Männchen der Mai-Langhornbiene beobachten, wie sie in rasantem Flug bevorzugt an Beständen der Zaunwicke patrouillieren und auf das Erscheinen der Weibchen warten. Dabei folgen sie auffällig stets den Flugbahnen, die von ihnen selbst durch Duftmarken festgelegt wurden. Die langen Hörner sind für die Männchen charakteristisch. Sie wirken wie Antennen und sind fast länger als ihr gesamter Körper. Die Mai-Langhornbiene fliegt in der Zeit von Ende April bis Mitte Juni und erscheint damit gut zwei bis drei Wochen früher als die nah verwandte Juni-Langhornbiene. Das Nest legen die Weibchen in der Erde an vegetationsfreien oder nur spärlich bewachsenen Stellen an. Das sind ebene Flächen oder Böschungen, bevorzugt mit lehmigen oder sandigen Böden. Die Weibchen häufen im hinteren Teil der Brutkammern den Pollenvorrat an. Nach Fertigstellung der Nester stirbt das Weibchen etwa Mitte Juni.
Besonderes Aussehen
Bei Mai-Langhornbienen fällt vor allem der gelbe Kopfschild im Kontrast zum sonst schwarzen Gesicht auf. Mit einer Körpergröße von 13 bis 16 Millimetern ist die Wildbiene des Jahres in beiden Geschlechtern etwas größer als die Arbeiterinnen der Honigbiene. Der orange-braune Pelz des Brustteils und der gedrungene Körper erinnern an Pelzbienen. Für die Artbestimmung wichtige Details, wie etwa die Struktur des Chitinpanzers an Brust und Hinterleib, sind wegen der lebhaften Flugweise mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen.
Der Biene helfen
„Im Fall der Mai-Langhornbiene können die Berliner in ihren Gärten im Voraus neuen Lebensraum schaffen, indem sie Platterbse oder Zaunwicke anpflanzen“, sagt Stephan Härtel vom Hymenopterendienst des NABU Berlin auf Nachfrage des Berliner Abendblattes. Sollten sich einige Tiere auf den Weg in die Hauptstadt machen, dann finden sie hier wieder geeigneten Lebensraum. „Als Niststätte bevorzugt die auffallend schöne Mai-Langhornbiene karge, schütter bewachsene und sonnige Stellen im Boden. Auch diese kann man im Garten ohne großen Aufwand zur Verfügung stellen und sich irgendwann über eine Besiedlung durch die völlig harmlosen Tiere freuen“, erklärt der Experte. Ausführliche Infos gibt es hier.
Datum: 4. Juni 2021, Text: Sara Klinke, Bild: IMAGO/blickwinkel