Für diesen Konzert-Abend mussten Besucher einen tagesaktuellen, negativen Covid-Test vorzeigen und irgendwie war alles wie im Kino eingerichtet. Nur halt mit Live-Musik auf der Bühne und ohne direkte Sitznachbarn.
Seit mehr als einem Jahr finden in den Sälen und Hallen der Berliner Musik-Clubs keine Events vor großem Publikum statt. Allein Veranstaltungen im Freien konnten im vergangenen Sommer durchgeführt werden, weil die Corona-Lage es in den wärmeren Monaten erlaubt hatten.
Tagesaktuelle Tests schaffen neue Möglichkeiten
„Seit Oktober vergangenen Jahres beschäftigen wir uns deshalb mit Möglichkeiten zur Durchführung von Indoor-Veranstaltungen“, erklärt Lutz Leichsenring, Sprecher der Berliner Clubcommission, dem Zusammenschluss der Berliner Musik-Clubs. Die Anwendung von tagesaktuellen Covid-Tests für Veranstaltungsbesucher habe dabei von Anfang an eine Option geboten. „Wie genau das funktionieren kann, muss aber wirklich erst ausprobiert werden“, sagt Leichsenring, der am 27. März zu einer Pressekonferenz vor einem ganz speziellen Konzert im Säälchen am Holzmarkt eingeladen hatte. Für diesen Abend mit den Auftritten von Bison Rouge (Electronic x Classical Cello Vocal Experience) und Reecode (Cyber Ballads) sind alle Abläufe exakt festgelegt. Tickets konnten im Vorverkauf erworben werden und die Besucher mussten zum Konzertabend einen tagesaktuellen, negativen Covid-Test vorzeigen. Im Saal selbst darf das Publikum ausschließlich in den fix auf Abstand gestellten Stühlen Platz nehmen: Tanzen ist verboten und Getränke müssen vor Konzertbeginn gekauft und zum Stuhl mitgenommen werden – irgendwie alles wie im Kino, nur halt mit Live-Musik auf der Bühne und ohne direkte Sitznachbarn.
Die Erkenntnisse dieses Testdurchlaufs sollen schließlich Anfang April von allen Beteiligten gemeinsam ausgewertet und von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa interessierten Institutionen zur Verfügung gestellt werden. Am Ende soll ein durchführbares Szenario für die Wiedereröffnung der Kultur und die Durchführbarkeit von Veranstaltungen gefunden werden.
„Club-Atmosphäre wird so nicht entstehen“
“Wir freuen uns sehr, an diesem einzigartigen Pilotprojekt teilnehmen zu können. Das ist ein kleiner aber wichtiger Schritt, um nach einem Jahr wieder eine Perspektive für die gesamte Branche schaffen zu können,” erläutert Pamela Schobeß, Vorsitzende der Clubcommission Berlin, die Bedeutung dieses Testabends. Dass dieses Szenario mit Corona-Tests, Hygienestandards, auf Abstand gestellter Bestuhlung, Datenerfassung und all den damit verbundenen Kosten für kein vertrautes Club-Gefühl sorgen kann, ist indes allen Beteiligten von vornherein klar. „Das ist ganz klar nicht die Atmosphäre für eine schwitzig durchtanzte Nacht, die wir hier unseren Gästen liefern. Auch wirtschaftlich ist so eine Veranstaltung mit Mehrkosten von 20 Euro pro Ticket nicht darstellbar. Wir bieten hier ein Konzert vor 70 sitzenden Gästen, wo sich normalerweise ein Publikum mit bis zu 400 Menschen tummelt“, erläutert Konstantin Krex, Sprecher des Holzmarktes, die Veranstaltung, die immerhin binnen 60 Sekunden ausverkauft war.
Tests und Datenerfassung bieten keine dauerhafte Perspektive
Grundsätzlich sieht Krex keine dauerhafte Perspektive für Identitätskontrollen und Covid-Tests für Veranstaltungen. „Dennoch sehen wir das Pilotprojekt als einen ersten wichtigen Schritt, um dem kulturellen Betrieb Hoffnung zu geben und zu einer gewissen Normalität zurückzukehren”, sagt Krex. Die Testing-Pilotveranstaltung ist Teil eines eigenen Konzepts, das die Mitglieder der Clubcommission Ende März vorgestellt haben. Mithilfe von tagesaktuellen Online-Portalen und Smart Apps soll der Betrieb der Veranstaltungsbranche wieder Fahrt aufnehmen. Zum Konzept zählt neben einer zentralen Informationsplattform mit Hygienekonzept-Empfehlungen und aktuellen Verordnungen auch standardisierte Einlasskontrollen sowie Covid-Tests in den eigenen Clubs.
Weitere Pilotveranstaltungen im Kulturbereich sollen in den kommenden Wochen folgen. Über die Osterfeiertage wir das Projekt pausieren.
Datum: 31. März 2021, Bild und Text: Stefan Bartylla, Bilder: Jascha Müller-Guthof, Stefan Bartylla