Der Karpfenfisch spielt eine wichtige Rolle im Ökosystem
Wir stellen Ihnen in der Serie „Naturwesen des Jahres“ 2020 Vertreter aus der heimischen Fauna und Flora vor, die vom Naturschutzbund (NABU) und anderen Verbänden als sogenannte „Jahreswesen“ auserkoren worden sind. Heute geht es um den „Fisch des Jahres“, der vom Deutcher Angelfischerverband (DAFV) gekürt wird: Die Nase.
Anders als Forelle, Stichling oder Aal ist die Fischart Nase in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Mit der Wahl dieser in Deutschland regional stark gefährdeten und lokal bereits verschwundenen Fischart wird auf eine bedrohte Fischart aufmerksam gemacht, die für Flüsse mit kiesigem bis felsigem Untergrund in der sogenannten Äschen- und Barbenregion typisch ist.
Fließende Gewässer
Die Nase hat ihren Namen von dem nasenähnlich geformten Aufsatz auf ihrer Oberlippe, eine Anpassung an ihre Lebensweise. Sie ist ein Friedfisch, ernährt sich von Algen, die sie von Steinen und Kiesbetten abweidet. Dabei hinterlassen sie ihre typischen Fraßspuren, welche auf das Vorkommen der Tiere hinweisen. So wie Schnecken die Glasscheiben im Aquarium putzen, so hält die Nase glatte Oberflächen im Gewässer algenfrei. Sie war noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Fisch, der in schnell fließenden Gewässern sehr häufig vorkam, und auch „Brotfisch“ der Berufsfischer an der Donau genannt wurde.
Heute sind Schwärme von hundert Fischen bereits eine Seltenheit. Weil die Laichhabitate entweder nicht mehr funktionsfähig sind oder aufgrund von Querbauwerken nicht mehr erreicht werden können, kann in geeigneten Gewässern der Besatz mit gezüchteten Jungtieren sinnvoll sein. Auch auf Verschmutzungen der Gewässer durch Schadstoffe sowie übermäßige Feinsedimenteinträge reagieren Nasen empfindlich.
Geeignete Laichplätze
Zahlreiche Studien belegen, dass die Verbauung von Gewässern die wichtigste Ursache für den Rückgang der Nasenpopulationen ist. Die Schwärme erreichen keine geeigneten Laichplätze, sodass sie sich nicht mehr fortpflanzen und die Populationen überaltern. Angesichts der regional starken Bedrohung ist es dringend erforderlich, die Forderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie weiter zügig in Maßnahmen umzusetzen und die Gewässer wieder durchgängig zu machen und natürlicher zu gestalten.
Dass dies Erfolg haben kann und Nasenpopulationen sich erholen, zeigen die wenigen Beispiele, in denen ein Rückbau von Wehren stattgefunden und sich dadurch die Bestände deutlich erholt haben. Die Nase kann daher als ein guter Indikator für den Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen angesehen werden.
Gute Bedingungen
Während der Laichzüge wandern Nasen in großen Schwärmen teilweise mehrere hundert Kilometer, um geeignete kiesige Laichgründe zu erreichen. Dort legen sie zwischen März und Mai pro Weibchen 20.000-100.000 1,5 Milimeter große Eier ab. Die Larven verbleiben anfangs im Kieslückensystem und suchen dann strömungsberuhigte Zonen auf, in denen sie sich von Plankton ernähren. Durch das Abweiden des Bewuchses vom Gewässer-grund verhindern Nasen die Verstopfung des Kieslücken-systems.
Damit säubern sie den Lebensraum für viele Kleinstlebewesen und schaffen gute Bedingungen für das Überleben von Fischbrut und anderen Tieren. Daher kommt dieser Fischart eine ganz entscheidende Rolle für die ökologische Qualität von Fließgewässern zu. Eine Ökosystemdienstleistung, deren Bedeutung man erst jetzt erkennt, da die Nasenbestände massiv zusammen-gebrochen sind.
Datum: 14. Mai 2020 Text: Manfred Wolf Bild: André Karwath aka Aka / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)