Sharing Chaos

Wild herumstehende Sharing-Fahrzeuge auf Bürgersteigen erhitzen zunehmend die Gemüter. Seit einigen Wochen gibt es nun auch noch illegal abgestellte Mini-Autos, die das Fass zum Überlaufen bringen. Der Senat hat am Dienstag einen Gesetzentwurf beschlossen, der Ordnung ins Sharing-Chaos bringen soll. 

Sie finden sich so häufig auf Gehwegen wie die Fußgänger selbst: E-Roller, Scooter und andere Leihfahrzeuge von großen Sharing-Anbietern. Dass das nicht immer auf Begeisterung stößt, ist auf den ohnehin schon überfüllten Straßen der Innenstadtbezirke mehr als klar. Zumal aktuell ein weiterer Sharing-Anbieter die Gemüter erhitzt und das Fass scheinbar zum Überlaufen bringt. Nun soll eine Lösung her. Ein Gesetzentwurf soll Abhilfe schaffen.

Mini-Autos auf Gehwegen

Der eine oder andere dürfte die neuen Fahrzeuge, die aussehen wie Miniaturautos, schon gesehen haben. Bei den Mini-Autos in Mitte, Neukölln und Kreuzberg handelt es sich um Elektro-Vehikel der Schweizer Sharing-Firma Enuu. Eigentlich eine tolle Sache für eine Stadt wie Berlin, die die E-Mobilität vorantreiben will.

Doch dem Fußgängerverband Fuss e.V. und der Senatsverkehrsverwaltung sind diese „Karren“ ein Dorn im Auge, weil sie illegal auf Gehwegen geparkt werden. Fuss-Verbandsvorstand Roland Stimpel befürchtet so noch mehr Chaos auf Berlins Bürgersteigen. E-Scooter und Leihräder würden schon seit geraumer Zeit massenhaft und wahllos abgestellt – vor allem in den Innenstadtbezirken – und erschweren mancherorts das Vorankommen der Fußgänger auf den Gehwegen. „Nun kommen auch die Mini-Autos dazu, die definitiv nicht dorthin gehören, und damit für Fußgänger und für Rollstuhlfahrer zu einem weiteren Hindernis werden“, äußerte sich Stimpel.

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Doch sind Sharing-Angebote laut Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) ein wichtiger Teil der Mobilitätswende. Es müsse aber eine Möglichkeit geben, „unerwünschte Entwicklungen“ zu verhindern. In diesem Fall also falsch geparkte E-Roller, E-Scooter und Co. Der Berliner Senat hat am Dienstag einen Gesetzentwurf für Mietfahrzeuge, die selbstständig reserviert und genutzt werden können, beschlossen. Nun geht der Entwurf ins Abgeordnetenhaus. „Mit den Regelungen können wir konkrete Anforderungen an Mietfahrzeuge stellen, etwa zur Anzahl, zur örtlichen Aufstellung oder auch zum Antrieb“, so die Senatorin.

Anbieter benötigen bald Sondernutzungsrechte 

Der Gesetzentwurf sieht einen neuen Paragrafen im Berliner Straßengesetz vor: Dieser Paragraf schafft für die Sondernutzung öffentlicher Straßen den Rechtsrahmen zur Regulierung des gewerblichen Anbietens von Mietfahrzeugen dieser Art. „Die genaue Ausgestaltung dieser Regulierung wird durch das Gesetz selbst nicht im Einzelnen vorgegeben“, so Jan Thomsen, der Sprecher der Verkehrsverwaltung. Das neue Gesetz sieht vor, dass das Aufstellen von Mietfahrzeugen auf öffentlichen Straßen künftig als Sondernutzung einzuordnen ist.

Dafür brauchen die Anbieter dann eine Erlaubnis oder eine allgemeine Zulassung. „Ziel ist, das Potenzial von Fahrzeugsharing für die Verkehrswende zu heben, ohne dass es zu Verschlechterungen insbesondere beim Fußverkehr kommt“, so Thomsen weiter. Durch die Neuregelung soll vor allem das Slalomlaufen um herumliegende Leih-Fahrzeuge in den Innenstadtkiezen verringert werden.

Mehr Fahrzeuge außerhalb des S-Bahn-Rings

Nun sollen die Sharing-Fahrzeuge auch vermehrt in die Randgebiete. „Dieser Wunsch besteht, um die Vorteile des Fahrzeugsharing für die Verkehrswende in der gesamten Stadt zur Entfaltung zu bringen“, so Thomsen. Bisher bieten die Anbieter – bis auf wenige Ausnahmen – ihre Fahrzeuge aus betriebswirtschaftlichen Gründen vor allem innerhalb des S-Bahn-Rings an. Aber auch die Außenbezirke seien interessiert an mehr und besseren Sharingangeboten in ihren Stadtgebieten. Bisher habe es vorwiegend freiwillige Vereinbarungen gegeben, die aber zu keiner befriedigenden Situation auf den Gehwegen geführt hätten.

Datum: 9. Juni 2021, Text: Anna von Stefenelli, Bild: Stefan Bartylla