Ostkreuz: Die Chronik einer mehrjährigen Umgestaltung an Berlins traditionsreichem Knotenpunkt.

Weit über hundert Jahre alt ist die Geschichte des S-Bahn-Haltes Ostkreuz. Mit täglich rund 100.000 Fahrgästen ist der Umsteiger zwischen Stadt- und Ringbahn einer der wichtigsten Bahnhöfe im Berliner S-Bahn-Netz. Völlig marode, an allen Ecken verbastelt und in keinerlei Hinsicht komfortabel oder barrierefrei galt der Bahnhof schon seit Jahrzehnten als überaltert, beengt und nicht mehr zeitgemäß. Bereits 1988 hatte die Deutsche Reichsbahn ihre Pläne zur Umgestaltung des liebevoll im Volksmund auch als „Rostkreuz“ bezeichneten Umsteigers angekündigt. Das Berliner Abendblatt berichtete im Jahr 1992 von den dazu weiter geführten Plänen der Deutschen Bundesbahn nach der Wiedervereinigung. Mehr als 14 Jahre sollte es dennoch dauern, bis die allerersten Vorarbeiten am Umbau tatsächlich gestartet wurden. Denkmalschutz, die Sicherung des laufenden Betriebs und zahlreiche, komplizierte Genehmigungsverfahren sorgten für diesen verzögerten Baubeginn, der letztlich im Jahr 2006 Fahrt aufnahm.

Komplexe Aufgaben

Das Mammut-Projekt umfasst neben dem Umbau des eigentlichen Bahnhofs Ostkreuz auch die Gleisanlagen in West-Ost-Richtung zwischen Ostbahnhof, Nöldnerplatz und Rummelsburg einschließlich des Umbaus des Bahnhofs Warschauer Straße sowie in Nord-Süd-Richtung die Gleisanlagen bis zum Bahnhof Treptower Park. Darüber hinaus erhält das Ostkreuz auf dem oberen Bahnsteige einen Regionalbahn-Anschluß, und unterhalb des Bahnhofs wird sogar der Verlauf der Stadtautobahn A100 mit einem eigenen Bauabschnitt vorbereitet. Alle wesentlichen Anlagen des Bahnhofs, wie Bahnsteige, Treppen, Brücken und Gleisanlagen werden grunderneuert oder neu errichtet. Unter anderem werden zwölf Aufzüge und 17 Fahrtreppen installiert und neue Zugänge aus allen vier umliegenden Stadtquartieren hergestellt, um die Zugangs- und Umsteigesituation zu verbessern. Nach Verzögerungen ist der Abschluss des Bauprojekts für das Jahr 2018 avisiert. Planer rechnen nach dem Umbau der Station mit über 123.000 Nutzern. Im Jahr 1998 hatte man die Kosten dafür mit einer Summe von 726 Millionen Mark kalkuliert, im Jahr 2006 wurde die Summe mit 411 Millionen Euro angegeben.

Neue Kritik

Dass mit dieser Summe und dem riesigen Aufwand die Probleme des Umsteigebahnhofes an der Ringbahn vollends behoben sein werden, gilt indes als unwahrscheinlich. Kritik auch zum neu gestalteten Umsteiger ist bereits jetzt bekannt. So bemängelt der Berliner Fahrgastverband IGEB, dass der riesige Bahnsteig in der oberen Ringbahnhalle aufgrund der vielen Verkaufspavillons und Werbetafeln tatsächlich zu wenig Platz für wartende Fahrgäste bietet. Zu wenige Rolltreppen und auch fehlende öffentliche Toiletten sind weitere Kritikpunkte, die ein Netzwerk aus inzwischen mehr als 15 Bürgerinitiativen äußert, das den Umbau und die Entwicklung des Bahnhofes seit Baubeginn begleitet.

Stefan Bartylla, Bild:Archiv / BAB