„Ein Journalist sei jemand, der nachher alles vorher gewusst hat – so behauptete Schriftsteller Karl Kraus einmal. Natürlich trifft das auf Redakteure des Berliner Abendblattes nicht zu. Es war ein trister Novembertag im Jahr 2012, als ich in die rotgeäderten, kleinen Augen des Kollegen B. blickte: „Wenn ich das vorher gewusst hätte …“, stammelte er mir apathisch entgegen. Der Kollege bezog sich damit nicht etwa auf die xte Niederlage seines Lieblingsvereins Schalke 04 – da weiß er eigentlich immer schon vorher, dass es nachher nur besser werden kann. Nein, Kollege B. und wir anderen hatten gerade unsere erste Ausgabe in neuem Layout und mit neuem Konzept für das Berliner Abendblatt hinter uns gebracht: 34 Stunden nonstop mit winzigen Schlafpausen in den Büro-Ecken. Da standen wir nun, erschöpft, fassungslos – und wie es sich für echte Journalisten gehört, den Blick nach vorne gewendet: „Wie soll das nur weitergehen?“ Als Chef beschwor ich Optimismus: „Das wird schon, beim zweiten Male klappt alles schneller.“ Aber mindestens Kollegin L. glaubte mir nicht so richtig: Zur Produktion der zweiten Ausgabe rückte sie mit Zahnbürste und Deo-Roller an. Doch schon die dritte Ausgabe erfüllte meine Prophezeiung – wir bewältigten sie in geregelter Arbeitszeit. Und seitdem schreiben wir ganz ausgeruht für Sie, liebe Leser, Woche für Woche über Ihr Berlin. Und eins kann ich Ihnen noch im Nachhinein verraten: Selbstverständlich habe ich als Chefredakteur schon 2012 gewusst, dass der neue Flughafen erst 2020 in Betrieb geht. Aber das ist eine ganz andere Story… Bitte bleiben Sie uns und unseren
Geschichten gewogen.“
red., Bild: Archiv/Langert