Was braucht ein Berliner Stadtfahrrad? Neben zwei Rädern noch Bremsen. Dazu Licht vorne und hinten, schließlich will man auch nachts sicher unterwegs sein. Doch an der Spree ist es flach, eine Schaltung oft überflüssig. Letzteres dachte sich 2011 auch Stefan Schott und gründete mit 8bar bikes eine kleine Fahrradschmiede, die zunächst ganz und gar auf Singlespeed-Fahrräder setzte.
Diese sogenannten Eingangräder sind nicht nur ohne viel Aufwand zu warten, sondern mit ein wenig handwerklicher Erfahrung und reichlich Leidenschaft für Zweirad auch einfach zu bauen.
„Mein Vater hatte schon einen Fahrradladen, daher hatte ich das Know-how“, erzählt Schott, der bis heute alleiniger Geschäftsführer ist. Laut ihm kosten die Teile für ein Fahrrad mit Schaltung im Einkauf knapp dreimal so viel wie die für ein Singlespeed. Deshalb begannen er und sein erster Mitarbeiter mit rund 100 Rädern vom selben Modell: Schnörkellose und dennoch stilvoll gestaltete Eingangräder mit dezentem Branding, die einen im Großstadtdschungel sicher von A nach B bringen. Ein Konzept, das inzwischen auch von größeren Anbietern erfolgreich kopiert wurde.
Zwei Jahre nach der Gründung kam schließlich ein richtiges Rennrad mit Schaltung zum Angebot von 8bar bikes hinzu. Später noch ein Gravel-Modell mit breiteren Reifen für die Wald- und Wiesenwege abseits des Berliner Asphalts. „Damit waren wir Vorreiter“, so Schott, „schon vor einigen Jahren sind wir durch Marokko auf Gravel-Bikes gefahren, derzeit ist das ja total im Trend.“
Keine Räder von der Stange
Eines der Markenzeichen von 8bar bikes ist, dass jedes Fahrrad nach den individuellen Wünschen der Kunden zusammengebaut wird. Statt Rädern von der Stange gibt’s in der Köpenicker Straße 100 ganz und gar individuelle Zweirad-Zusammenstellungen. Egal ob im Laden oder online, Teil für Teil kann sich hier jeder sein Traumrad zusammenbauen lassen. „Bei uns kann man schon online schauen, wie das am Ende aussieht”, sagt Schott. “Dieser Rahmen in jener Farbe und so weiter, alles kann eingestellt und angepasst werden.”
Heute ging die neue Website von 8bar bikes online. Der überarbeitete Fahrrad-Konfigurator soll es auch Anfängern noch einfacher machen, so Schott: “Bei uns sollen sich nicht nur Fahrradnerds ein schönes Fahrrad zusammenstellen können. Deshalb gibt es bei 8bar bikes auch nicht fünf verschiedene Laufradsätze. Bei zu viel Auswahl ist der Kunde am Ende oft total verwirrt und kann sich gar nicht mehr entscheiden. Wir setzen auf Komponenten, denen wir vertrauen. Weniger Auswahl ist vor allem für Anfänger oft mehr.”
Mehr als nur ein Geschäft
Inzwischen zählt 8bar bikes zehn Mitarbeiter sowie drei Auszubildende. Ihre Arbeit reicht von der Leitung des Lagers über Verkauf und Beratung im Showroom bis hin zu Bestellungen und Kundensupport im Büro. Schott selbst ist hingegen nur noch selten im Kreuzberger Laden anzutreffen. Stattdessen treibt er die Produktentwicklung voran, nickt Marketingkonzepte ab, arbeitet an der Weiterentwicklung der Marke und verbringt viel Zeit des Tages am Computer.
Als Ausgleich davon geht Schott noch immer regelmäßig selbst auf Fahrradtour mit Freunden oder bei Radrennen an den Start. Doch auch das bedeutet im besten Fall ein bisschen Werbung für sein Unternehmen. Dann nämlich, wenn seine tausenden Follower auf Instagram und Co. mitbekommen, was für Abenteuer man auf den Rädern von 8bar bikes erleben kann. Oder Schott ein Rennen gewinnt und auf dem Siegertreppchen neben einem Fahrrad seiner eigenen Marke den Sieg zelebriert, so wie zuletzt im September bei den “Gravel Games”-Rennen in der Zeche Ewald.
„Seit Corona wurde die Logistik extrem teuer. Davor kostete Container aus Asien etwa 1000 Euro, jetzt teils das Zehnfache.“
Ohnehin bietet 8bar bikes mehr als andere Fahrradhändler. Im Sommer finden regelmäßig sogenannte “Group Rides” im Umland von Berlin statt, zudem organisiert 8bar bikes eine Reihe von Events das ganze Jahr über. Diese reichen von schnellen Rennen auf dem Spreewaldring bis hin zu herbstlichen Ausdauer-Gravel-Ausfahrten. Vielleicht gibt es das Wunschrad beim Großhändler einige Euro günstiger, doch eine Gemeinschaft von Zweirad-Enthusiasten wie diese gibt es nur hier.
Steigende Kosten überall
Mit der neuen Website kam jedoch nicht nur ein verbessertes Tool zum Zusammenstellen des eigenen Wunschfahrrads, sondern auch gestiegene Preise. Das wurde seitens 8bar bikes bereits im September per Newsletter und über die eigene Website angekündigt. Doch statt zu Beschwerden führte dies laut Schott nochmal zu reichlich Abverkauf alter Lagerbestände. Lediglich ein Marketing-Streich war die Preissteigerung allerdings nicht. Infolge des schwachen Eurokurses sowie steigender Logistik- und Energiekosten sah man sich nach langen Überlegungen zum Handeln genötigt.
„Wir haben auch schon davor immer mal die Preise für gewisse Produkte leicht anheben müssen“, so Schott. „Seit Corona wurde die Logistik jedoch extrem teuer. Davor hat ein Container aus Asien etwa 1000 Euro gekostet, jetzt zahlt man teils das Zehnfache. Dazu noch der schlechte Eurokurs, die Energiekosten, all das summiert sich, deshalb können wir die Preise einfach nicht mehr halten.“ Laut Schott müssen diese aber auch für die Kunden noch annehmbar bleiben, sonst würde das alles nichts bringen.
Krisensichere Branche
Bei Corona sei die Unterstützung des Staates für kleinere Unternehmen noch breit und leicht zugänglich gewesen, so Schott. Bei der aktuellen Krise sei es hingegen schwer, an irgendwelche Förderungen zu kommen. „Ich habe schon geschaut, was so geht“, sagt Schott, „viel ist es auf jeden Fall nicht. Ich glaube kaum, dass es erneut gelingt, viele Insolvenzen abzufangen. Wer es während Corona gerade noch so geschafft hat, der hat jetzt ernsthafte Probleme.“
In die Zukunft von 8bar bikes blickt Schott dennoch optimistisch: “Mit der Fahrradbranche haben wir einen guten Markt, einfach weil man Räder auch weiterhin brauchen wird. Durch die Energiekrise vielleicht sogar noch mehr als zuvor. Wir hatten bereits Kunden, die meinten, wenn der Sprit jetzt so teuer ist, dann fahre ich halt die 20 Kilometer täglich zur Arbeit und zurück mit dem Fahrrad. Dafür darf es dann auch etwas teurer sein, das lohnt sich dennoch.”
Text: Sascha Uhlig