In vielen Berliner Quartieren sind Fahrradstraßen geplant. Die Umgestaltung der Handjerystraße in Friedenau wird sich weiter verzögern. Bild: IMAGO/Sabine Gudath.
In vielen Berliner Quartieren sind Fahrradstraßen geplant. Die Umgestaltung der Handjerystraße in Friedenau wird sich weiter verzögern. Bild: IMAGO/Sabine Gudath.

Die Handjerystraße in Friedenau soll zur Fahrradstraße werden. Das steht seit Jahren fest. Durch eine Entscheidung im Verkehrsausschuss drohen weitere Verzögerungen. Die Radlobby protestiert.

Damit hatte wohl niemand gerechnet. Eigentlich wollte das Bezirksamt in Kürze mit den Ausschreibungen für die Einrichtung einer Fahrradstraße in der Handjerystraße starten. Doch nun könnte es anders kommen.

Im Ausschuss für Straßen und Verkehr fand kürzlich ein Antrag von FDP und SPD eine Mehrheit, der unter anderem vorsieht, dass im südlichen Teil der Handjerystraße – also zwischen Reneé Sintenis Platz und Bundesallee – die jetzigen Parkplätze erhalten bleiben und die Fahrbahnbreite für Radfahrer entsprechend angepasst wird.

Auch CDU und AfD stimmten für den Antrag. Mit dieser deutlichen Mehrheit empfahl der Ausschuss den Antrag zur Annahme in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Diese tritt am 19. Oktober zusammen. Das Pikante daran: Mit ihrem Vorgehen stellte sich die SPD gegen die Grünen, mit denen sie vor einem Jahr eine Zählgemeinschaft eingegangen ist.

Zu wenig Platz für die Fahrradstraße

Sollte dieser  Antrag beschlossen und umgesetzt werden, bliebe für die geplante Fahrradstraße zu wenig Platz. „Wir können nichts anordnen, was geltenden Standards widerspricht“, so Verkehrsstadträtin Saskia Ellenbeck gegenüber der „Berliner Zeitung“.

Wenn die Längsparkplätze im Südteil bleiben, reiche der Platz nicht für eine regelkonforme Anordnung aus. Die Grünen-Politikerin gab sich dieser Tage entschlossen: „Die Fahrradstraße kommt – entweder mit oder ohne Änderungen der Planungen. Das prüfen wir.“

Im Jahr 2015  hat die Bezirksverordnetenversammlung  Tempelhof-Schöneberg beschlossen, die Handjerystraße umzugestalten. Radfahrer sollen mehr Platz erhalten und sicher vorankommen. Unter Anwohnern und Bezirkspolitikern ist das Projekt umstritten. Viele sorgen sich um die Sicherheit um Kinder und Fußgänger, wenn durch die ruhige Wohnstraße eine „Fahrradautobahn“ führt.

Schutz für Fußgänger

In dem Antrag wird das Bezirksamt aufgefordert, für den geplanten Wegfall der Spielstraße in der Handjerystraße im Bereich Perelsplatz einen gleichwertigen und adäquaten Schutzstatus für Fußgänger, insbesondere der Kinder und Schüler, sicherzustellen. 

„Wir als CDU sind für die Fahrradstraße, dabei müssen die Anwohner aber mitgenommen werden“, erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak. „Die Menschen in Friedenau leiden bereits jetzt unter der großen Parkplatzknappheit. Dass im Zuge der Umgestaltung 130 Parkplätze wegfallen sollten, war von den Bürgerinteressen maximal entfernt.“ Eine eigene Umfrage habe ergeben, dass 70 Prozent der Anwohner den Wegfall der Parkmöglichkeiten ablehnen.

Das Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg verurteilt SPD, CDU und FDP für ihren Umgang mit der geplanten Fahrradstraße. Die Handjerystraße sei Teil des berlinweiten Radverkehrsnetzes. Dort sollen insbesondere Kinder, Jugendliche, Ältere und andere unsichere Radfahrende entspannt und sicher mit dem Fahrrad vorankommen können.

„Vergifteter Antrag“

Südlich des Renée-Sintenis-Platz bis zur Bundesallee könne die erforderliche Fahrbahnbreite von vier Metern plus Sicherheitsabstand nur dadurch sicher erreicht werden, dass die Längsparkplätze entfallen.

„Was zunächst unterstützenswert klingt, stellt sich bei genauerer Betrachtung als vergifteter Antrag dar“, so Jens Steckel vom Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg zum Antrag von SPD und FDP. „Es soll zwar noch Fahrradstraße drauf stehen, aber es ist nicht mehr Fahrradstraße drin.“

Zudem werde die Umsetzung wegen des Umplanens auf die lange Bank geschoben. Die Belange des Fußverkehrs wirkten nur vorgeschoben.

Das Netzwerk kündigt an, vor der Sitzung der BVV am 19. Oktober, um 16.30 Uhr, öffentlich gegen das Vorgehen von SPD, FDP, CDU und AfD in Sachen Fahrradstraße zu protestieren.

Text: Nils Michaelis