Das für den Sommer vergangenen Jahres geplant Berlin-Konzert von John Cale wird am 28. Februar nachgeholt. Und der Ex-„The Velvet Underground“-Gründer hat ein neues Album im Gepäck.
Was hat John Cale, was der Rest von uns nicht hat – irgendein Gen, das unendliche Rastlosigkeit hervorruft, einen raubtierhaften Geist, der nie zufrieden ist? Seit fast 60 Jahren, oder zumindest seit er als junger Waliser nach New York zog und „The Velvet Underground“ gründete, hat Cale seine Musik mit verblüffender und inspirierender Regelmäßigkeit neu erfunden. Im vergangenen Jahr hat er nach einem Jahrzehnt mit „Mercy“ sein erstes komplettes neues Album herausgegeben.
Betörender Kammerfolk
In jenen frühen Tagen, als John Cale den Rock ’n‘ Roll grundlegend veränderte, spielte er auch ekstatische Bratschen-Drones und war Mitglied des epochalen Ensembles von „La Monte Young“. Auf den betörenden Kammerfolk von „Paris 1919“ folgte sofort der knorrige Rock von „Fear“, auf den provokanten und sparsamen Liederzyklus „Music for a New Society“ folgten mehr als 30 Jahre später mächtige und unverfrorene elektronische Updates.
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Gibt es zwischen den Kollaborateuren Lou Reed und Danger Mouse und Sharon Van Etten oder zwischen der Avantgarde des New Yorker Stadtzentrums in den 1960er-Jahren und der Avantgarde des Internets in der Gegenwart noch andere direkte Linien als John Cale?
Wieder einmal hat Cale die Art und Weise, wie seine Musik gemacht wird, klingt und sogar
funktioniert, neu definiert. Sein fesselndes 12-Track-Album „Mercy“ bewegt sich durch echte elektronische „Dark-Night-of-the-Soul“-Qualen hin zu verletzlichen Liebesliedern und hoffnungsvollen Überlegungen für die Zukunft mit Hilfe einiger der neugierigsten jungen Köpfe der Musik.
Fesselnde Entdeckung
Laurel Halo, Sylvan Esso, Animal Collective: Sie sind nur die Hälfte der erstaunlichen Besetzung hier, brillante Musiker, die in Cales vollendete Vision der Welt hineinklettern und ihm helfen, sie umzugestalten. Cale ist im März 2022 80 Jahre alt geworden, und er hat miterlebt, wie viele Kollegen und Freunde gestorben sind, vor allem in den letzten zehn Jahren.
„Mercy“ ist die Fortsetzung einer langen Karriere, die von Wundern geprägt war. Cale hat immer nach neuen Wegen gesucht, um alte Ideen von Entfremdung, Schmerz und Freude zu erforschen. „Mercy“ ist die jüngste fesselnde Entdeckung dieses unzufriedenen Geistes.
Text: Redaktion