2.000 Stadtbäume müssen im kommenden Jahr in Friedrichshain-Kreuzberg gefällt werden.
Eine engagierte Anwohnerin wässert die Bäume an der Wühlischstraße (Friedrichshain).

Hitzetage und Trockenperioden setzen den Stadtbäumen immer mehr zu. Voraussichtlich müssen rund 2.000 Stadtbäume in Friedrichshain-Kreuzberg im kommenden Jahr gefällt werden. 

Der Zustand der Stadtbäume in Friedrichshain-Kreuzberg ist dramatisch. Vor allem die rund 16.000 Straßenbäume leiden aufgrund der Klimakatastrophe und ungünstigen Standorten. Die vielen Hitzetage, langen Trockenperioden und punktuellen Starkregenereignisse verursachen enorme Schäden. Trotz vieler Gießaktionen durch das Bezirksamt und engagierte Bürger wird nicht jeder Baum vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen sein. Das Baummanagement des Straßen- und Grünflächenamts Fried geht davon aus, dass allein im kommenden Jahr knapp 2.000 der insgesamt 42.000 Bäume im Gesamtbestand des Bezirkes gefällt werden müssen.

Immer mehr Hitzetage

Die Anzahl der Hitzetage in Berlin hat in den vergangenen 30 Jahren deutlich zugenommen. Während es von 1961 bis 1990 durchschnittlich 6,5 Hitzetage mit über 30 Grad pro Jahr gab, waren es zwischen 1990 und 2019 bereits durchschnittlich 11,5 Hitzetage. Der Rekord lag bei 28 Hitzetagen im Sommer 2018. Diese Klimaveränderungen machen der Stadtnatur zu schaffen.

Fällungen in Friedrichshain-Kreuzberg

Schon in diesem Jahr müssen jede Woche mehrere Bäume an Straßen und in Grünanlagen gefällt werden, weil sie nicht mehr verkehrssicher sind.“ In 2019 fanden weniger als 400 Baumfällungen im Bezirk statt, in diesem Jahr werden bereits knapp 800 Fällungen erwartet“, heißt es seitens des Straßen- und Grünflächenamtes Friedrichshain-Kreuzberg. Häufig seien diese Bäume von Pilzen oder anderen Schädlingen befallen oder bereits abgestorben. Nicht immer ist der schlechte Zustand des Baumes für einen Laien erkennbar. Bäume, die zum Beispiel von Fäule im Boden oder im Bauminneren betroffen sind, wirken erst einmal grün und vital.

Kein Platz zum Leben

Von den Jungbäumen, die zwischen 2000 und 2020 im Bezirk gepflanzt wurden, sind nur 34 Prozent komplett gesund. 42 Prozent dieser Bäume sind geschädigt, 24 Prozent mussten bereits wieder gefällt werden. Durch das urbane Umfeld am Straßenrand ergeben sich für die Bäume zahlreiche Stressfaktoren. Im mit Schuttlagen und Leitungen durchzogenen Boden haben sie wenig Raum zum Wurzeln. Kleine Baumscheiben und die Versiegelung drumherum erschweren die Wasser- und Nährstoffaufnahme. Die Bäume verbrauchen all ihre Ressourcen zur Stressabwehr und werden so anfällig für Krankheiten und Schädlinge.

Kraftlose Stadtbäume

Die Bäume verwenden ihre letzten Reserven zur Schadensregulierung. Sie entwickeln Totholz, weil sie es nicht mehr schaffen, alle Äste zu versorgen und werfen einen Teil ihres Laubes vorzeitig ab. Obwohl sie die Blätter brauchen, um Photosynthese zu betreiben, haben sie nicht mehr die Kraft, diese zu erhalten. „In Zukunft muss das Bezirksamt sich mit den begrenzten Ressourcen darauf konzentrieren, bei Neupflanzungen die Baumstandorte so zu gründen, dass junge Bäume eine Überlebenschance haben. Das ist nicht an allen Standorten möglich. Das Ziel ist es, langfristig eine robuste grüne Infrastruktur zu pflanzen“, erklärt das Amt. 

Finanzielle Mittel reichen nicht

„Wir müssen unseren öffentlichen Raum künftig so gestalten, dass dem Stadtgrün dort der notwendige Platz, ober- und unterirdisch, eingeräumt wird, den es braucht. Außerdem benötigen wir als Bezirk wesentlich mehr Geld, um die klimaresiliente Stadtgestaltung und die Pflege unserer Stadtnatur umzusetzen. Die Mittel, die wir aktuell vom Land Berlin für die Grünpflege erhalten, reichen nicht aus, um der Baumpflege gerecht zu werden“, erläutert Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann. Entscheidend aber sei der gesicherte Standort. Je mehr Platz einem Baum zum Wurzeln zur Verfügung steht, desto sicherer ist ihm ein langes Leben. 

Text: Sara Klinke, Bild: IMAGO /Christian Thiel