Das Wachstum der Berliner Immobilienpreise kennt keine Grenzen. Bild: IMAGO/Panthermedia
Das Wachstum der Berliner Immobilienpreise kennt keine Grenzen. Bild: IMAGO/Panthermedia

Im Bereich Wohnen und Mieten möchte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) besonders glänzen. Die Vereinbarung des Wohnungsbündnisses steht eher für Licht und Schatten. Auch ein anderes wohnungspolitisches Thema macht Giffey zu schaffen.

Das Bündnis Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen zählt zu den Prestigeprojekten von Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Ausgerechnet auf diesem Gebiet steht die Senatschefin nun wenig glanzvoll da.

Das liegt an den Querelen um die kürzlich geschlossene Vereinbarung des Bündnisses. Diese ist ein Kompromiss. Es war klar, dass SPD, Grüne und Linke gegenüber der Immobilienwirtschaft nicht jede Forderung würden durchsetzen können. Das räumte auch Giffey ein. Dennoch sei die Vereinbarung ein Erfolg im Sinne des Mieterschutzes.

Gedeckelte Mieten

In dem Papier wird festgelegt, dass bis zum Jahr 2026 100.000 neue Wohnungen gebaut werden. Die großen privaten Wohnungsunternehmen (ab 3.000 Wohneinheiten) verpflichten sich, 30 Prozent der Wohnungen an WBS-berechtigte Haushalte zu vergeben. Für diese Haushalte werden Mieterhöhungen, die zu Belastungen von mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens führen würden, ausgeschlossen, allerdings nur bis 2023.

Außerdem wurde beschlossen, dass bei Neubauprojekten im Rahmen des kooperativen Baulandmodells 50 Prozent der Wohnungen mietpreisgebunden sein müssen: 30 Prozent im unteren Bereich, wo Wohnberechtigungsscheine (WBS) greifen, und 20 Prozent im mittleren Preissegment.

Letztere sind für Haushalte vorgesehen, deren Einkünfte die Einkommensgrenzen nach dem Wohnraumförderungsgesetz um bis zu 80 Prozent überschreiten.

Unterschrift verweigert

Der Berliner Mieterverein (BMV) hat die Vereinbarung mit ausgehandelt, aber nicht unterzeichnet. Er vermisst unter anderem eine Zusage der Immobilienwirtschaft für eine verbesserte Mietpreisbremse bei Wiedervermietung.

„Auch die Neubauregelungen bringen nicht die erhoffte Wende“, so der BMV. Die notwendige Konzentration auf die Neubauten im unteren und mittleren Marktsegment sei ausgeblieben. Die Anzahl der neu zu errichtenden Sozialwohnungen sei unverbindlich.

Einzig im kooperativen Baulandmodell werde der geförderte Wohnungsbau gestärkt. Der BMV kündigte an, sich an den Diskussionen innerhalb des Bündnisses künftig als „Gast“ zu beteiligen.

Verband pocht auf Wirtschaftlichkeit

Auch vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) gab es keine Unterschrift. Der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft stört sich daran, Mieten bei 30 Prozent des Haushaltseinkommens zu deckeln. Die kooperative Baulandentwicklung setze zu enge Grenzen. „Wir können Fragen der Wirtschaftlichkeit nicht völlig ausblenden“, so der ZIA.

Dieser versteht sich aber auch weiterhin als Partner des Bündnisses. „Grundsätzlich ist es auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich, die Vereinbarung zu unterzeichnen“, so eine Senatssprecherin.

Angespannter Wohnungsmarkt

Giffeys Senatskollegen Klaus Lederer (Die Linke) und Bettina Jarasch (Grüne) betonten, die Vereinbarung gehe in die richtige Richtung, könne aber nur ein Anfang sein. Auch aus Giffeys eigener Partei und Fraktion kommen Stimmen, die sich mit dem Erreichten nicht begnügen.

„Ich finde es sehr schade, dass kein umfassendes Mietenmoratorium beschlossen worden ist“, sagt die SPD-Abgeordnete Sevim Aydin. „Wir werden dieses Thema in der Fraktion noch ausführlich diskutieren.“

Wegen des angespannten Wohnungsmarktes sei es dennoch wichtig, dass das Bündnis zustandegekommen und auf eine breite Basis gestellt worden sei. Aydin: „Die Tür bleibt für weitere Akteure offen.“

Grenze für Mieterhöhungen

Aydin hebt hervor, dass in der Vereinbarung der Berliner Mietspiegel anerkannt werde, was in der Vergangenheit keine Selbstverständlichkeit gewesen sei. Zudem hätten sich die privaten Wohnungsunternehmen bereit erklärt, Mieterhöhungen auf elf Prozent innerhalb von drei Jahren zu begrenzen. „Auch wenn diese Regelung die Kleinvermieter nicht betrifft, ist es ein Schritt in die richtige Richtung“, so die Sprecherin für Wohnen und Mieten.

Aus Sicht von Katrin Schmidberger von der Grünen-Fraktion hat der Mieterverein zu Recht verbindliche und nachhaltige Mieterschutzregelungen eingefordert und fehlende Instrumente bei überhöhten Mieten und Modernisierungen sowie fehlende Kontrolle und Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen bemängelt.

„Dass er das Bündnis nicht unterzeichnet hat, ist konsequent und sollte eine Aufforderung für den Senat sein, beim Bündnis nachzubessern“, so Schmidberger. Das „Wohnungsbündnis“ sei keine Alternative für einen „grünen Mietenschutzschirm“ und die Vergesellschaftung, um den Berliner Wohnungsmarkt gemeinwohlorientiert umzubauen.

Weitere Partner in Sicht

Laut Senat prüfen derzeit der DGB, die IG Bau und das Immobilienunternehmen Heimstaden, der Bündnisvereinbarung beizutreten.

Diese hält der CDU-Abgeordnete Dirk Stettner für „Theaterdonner“. Es gebe „keinerlei Verbindlichkeit“. So fehlten Regeln, wie die 30-Prozent-Grenze bei den Mieten für WBS-Berechtigte eingehalten, kontrolliert, und angepasst werden soll.

Zudem habe die SPD ihre Co-Vorsitzende Giffey auch wegen eines anderen wohnungspolitischen Themas „demontiert“. Auf ihrem Landesparteitag haben die Sozialdemokraten entschieden, sich schnellstmöglich für ein Enteignungsgesetz einzusetzen, wenn die Enteignungskommission ein positives Votum für die Möglichkeit einer Vergesellschaftung von Wohnungen großer Immobilienkonzerne abgibt.

Giffeys „rote Linien“

Gleichzeitig wurde beschlossen, dass die Ergebnisse der Kommission im Frühjahr 2023 vorgelegt werden müssten. Die Parteispitze um Giffey hatte sich vor dem Parteitag vergeblich um die Abschwächung des Antrags der Jusos zu dem Thema bemüht. Im vergangenen Wahlkampf hatte Giffey Enteignungen als „rote Linien“ bezeichnet.

Text: Nils Michaelis