Potsdam (dpa/bb) – Öko-Landwirt Benedikt Bösel zeigt bei Instagram gern Bilder von der Arbeit mit seinen Weiderindern. Der Verlust einer Herde? Das wäre für Bösel ein Alptraum. Sein großer Hof in Alt Madlitz liegt zwar weit vom Ausbruchsort der Maul- und Klauenseuche (MKS) in Brandenburg entfernt, aber die Nervosität ist groß. «Wir sind hier alle extrem angespannt», sagt Bösel, der 2022 auch zum «Landwirt des Jahres» ausgezeichnet wurde.
Betriebe kippen zehntausende Liter Milch weg
Der Agrarunternehmer Vincent Overmars aus Bernau bei Berlin hat zwei Milchviehbetriebe nicht weit entfernt vom Ausbruchsort im brandenburgischen Hönow, dort wo die infizierte Büffelherde auf einer Weide stand. Den finanziellen Schaden durch den Ausbruch der Tierseuche spürt er jeden Tag.
Wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte, muss er täglich rund 33. 000 Liter Milch wegschütten. Seine beiden Betriebe lägen innerhalb einer eingerichteten Überwachungszone, daher könne er keine Milch mehr bei den Molkereien abliefern.
Andere Länder stoppen Fleischimporte
Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche hat weitreichende Auswirkungen auf Landwirte Schlachthöfe, Molkereien. Die finanziellen Einbußen lassen sich bislang nicht beziffern. Aber andere Länder reagieren mit Handelsbeschränkungen für Deutschland und haben den Fleischimport gestoppt.
Landwirte berichten, dass der Platz in den Ställen allmählich knapp werden kann. Denn bis einschließlich Mittwoch gilt ein „Stand still“, ein kompletter Stopp sämtlicher Tierbewegungen in Brandenburg.
Nahe dem Ausbruchsort sind auch Tierbestände etwa mit rund 170 Schweinen und dutzenden Ziegen getötet worden. Zudem wurden weitere Vorkehrungen zum Schutz vor der Maul- und Klauenseuche getroffen.
Absperrungen und Desinfektionsmatten auf den Höfen
Landwirt Bösel ließ Absperrbänder um Weiden ziehen, die nicht betreten werden dürfen. Desinfektionsmatten sind an den Eingängen zum Hof ausgelegt.
Die Mitarbeiter wechseln regelmäßig die Kleidung, und Besucherverkehr ist eingeschränkt. Auch das Versenden von Fleisch habe er erst mal eingestellt, sagt Bösel, der mit einem Buch über regenerative Landwirtschaft auch bundesweit bekanntgeworden ist.
Landwirt Jörg Heitmann (61) wartet am Vormittag ungeduldig auf den Anruf eines Lieferanten, der Nachschub an Desinfektionsmitteln bringen soll. Denn alle Fahrzeuge müssen auf dem Gelände durch eine Desinfektionswanne fahren, wie er erzählt. «Ich ziehe mich 500 Meter entfernt im Auto um», sagte Heitmann.
Der Milchviehbetrieb von Heitmann hat Glück gehabt: Er lebt zwar mit seiner Familie in Altlandsberg – ein Ort, der nur wenige Kilometer vom Ausbruchsort der MKS in Hönow entfernt liegt. Doch seine rund 730 Kühe stehen alle nahe an der polnischen Grenze, also außerhalb des Schutzkreises, der um die infizierte Büffelherde gezogen wurde. Die Molkerei habe ihm seine Milch deshalb Gott sei Dank wie gewohnt abgenommen, erzählt Heitmann.
Landwirt: Der Stall quillt irgendwann über
Das Verbot für Tiertransporte in Brandenburg trifft aber auch Heitmann. Er bringt sonst regelmäßig Kälber zur Mast nach Holland. «Die nehmen keine mehr auf.» Irgendwann gebe es dann keinen Platz mehr in den Ställen, befürchtet der Landwirt. «Irgendwann quillt es über.»
Extremwetter wie Dürren und Stürme, die Afrikanische Schweinepest, Vogelgrippe und Blauzungenkrankheit haben Landwirte schon oft in Krisen gestürzt. Noch ist nicht klar, ob sich die Maul- und Klauenseuche über die eine Büffelherde hinaus verbreitet hat, aber die Unsicherheit ist groß. Landwirt Heitmann berichtet, dass Landwirte aus Niedersachsen nun lieber nicht zur Agrarmesse Grüne Woche nach Berlin fahren wollten. «Die haben Sorgen, dass sie was mit nach Hause schleppen.»