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Ohne Schnelltest kein Arztbesuch. Collage: Imago/Christian Ohde, BAB/Katrin Großmüller

Ein Kommentar von Ulf Teichert

Frau Vogel lebt in Marzahn und ihr geht es nicht gut. Sie ist 83 Jahre alt, sie ist schlecht zu Fuß und jetzt wurde sie auch noch von einer Sommergrippe erwischt.

Sie weiß sich nicht mehr zu helfen und ruft mich an, um mir ihre Situation zu schildern: Um zu ihrer Hausärztin gehen zu können, bräuchte sie einen aktuellen Corona-Schnelltest. Den aber hat sie gerade nicht vorrätig.

Also, dachte sich Frau Vogel, schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe: Erst bei der Apotheke vorbeigehen – die befindet sich im gleichen Haus wie die Praxis ihrer Ärztin – und dort für drei Euro einen Corona-Test machen lassen. Anschließend wäre der Weg frei für die Hausärztin.

Sie hat Pech! Drei Euro kostet der Test nämlich nur dann, wenn man vorher zuhause einen Schnelltest gemacht hat und dieser positiv ausfällt. Ohne diesen, sagt der Apotheker, müsse er dafür zehn Euro nehmen.

Zehn Euro, so Frau Vogel, könne sie sich mit ihrer kleinen Rente aber nicht leisten. Der Apotheker, darauf hingewiesen, war aber nicht bereit, für Frau Vogel eine Ausnahme zu machen. „Da könnte ja jeder kommen …“


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Frau Vogel ist ratlos: Ohne Schnelltest bleibt ihr nichts anderes übrig, als zu warten. Denn die Kinder sind im Urlaub und die netten Nachbarn von nebenan auf Arbeit.

Was mich ärgert, sind der verständnislose Apotheker, und eine Hausarztpraxis, die sich hinter einem Telefonansagetext verschanzt, bei dem nicht nur Frau Vogel und ich Mühe haben, zu verstehen, wer, wann und warum die Praxis betreten darf oder eben auch nicht.

Was mich wirklich wütend macht, ist der Umstand, dass es Menschen gibt, die sich nach einem langen Arbeitsleben eine ungeplante Mehrausgabe von zehn Euro nicht leisten können.

PS. Nach der Veröffentlichung dieses Kommentars in der aktuellen Printausgabe vom 21. Juli (E-Paper) bekamen wir mehrere Anrufe mit Hilfsangeboten für Frau Vogel, die wir zum Teil an sie weitergeleitet haben. Wir möchten an dieser Stelle und auf diese Weise all diesen Menschen danken. Frau Vogel geht es inzwischen auch wieder besser.