Berlin (dpa/bb) – Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat im Abgeordnetenhaus für die geplante Verwaltungsreform geworben. «Es geht um nicht weniger als um einen Neustart für Berlin», sagte der CDU-Politiker in einer Regierungserklärung im Parlament. «Die Verwaltung in Berlin, sie muss gut, ja, sie muss schnell funktionieren», betonte er. «Dafür brauchen wir klare Zuständigkeiten und eine klare Aufgabenverteilung zwischen Senat und Bezirken.»
Mit der Reform werde Bürokratie abgebaut und Ordnung in die Berliner Verwaltungsstrukturen gebracht, sagte Wegner. «Verfahren werden vereinheitlicht, Abläufe gestraft, Prozesse entwirrt, damit Berlin endlich schneller wird.» Und: «Künftig wird es kein Behörden-Pingpong mehr geben, weil die Zuständigkeiten klar sind», versprach er. Ziel sei, das Leben der Berlinerinnen und Berliner einfacher und besser zu machen.
Kein «Behörden-Pingpong» mehr
Im Zuge der Reform soll das in Berlin oft beklagte «Behörden-Pingpong» aufhören, also das Hin- und Herschieben von Zuständigkeiten zwischen unterschiedlichen Teilen der Verwaltung. Behörden sollen so schneller arbeiten und sich stärker an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientieren. Die Reform gehört zu den wichtigsten Vorhaben der schwarz-roten Koalition in dieser Legislaturperiode und soll noch vor der Sommerpause vom Parlament beschlossen werden.
Neben einem Landesorganisationsgesetz gehören Verfassungsänderungen dazu: Wegner braucht wegen der für letzteren Punkt nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit neben der Koalition mindestens eine der beiden Oppositionsfraktionen von Grünen und Linken. Er hat beide Fraktionen daher bei der Vorbereitung der Reform in den vergangenen rund zwei Jahren eingebunden.
Verfassung soll geändert werden
Wegner warf in seiner Regierungserklärung die Frage auf, ob Verfassungsänderungen tatsächlich nötig seien. «Ich sage ja», beantwortete er sie selbst. «Wir brauchen eine große Lösung. Wir wollen die Verwaltungsreform in der Verfassung verankern, damit sie auch für zukünftige Generationen wirkt.»
Geplant sind mehrere Änderungen der Landesverfassung. So soll dort das sogenannte Konnexitätsprinzip verankert werden: Der Senat muss also für Aufgaben, die die Bezirke erfüllen müssen, die nötigen Mittel zur Verfügung stellen.
Geändert werden sollen zudem Formulierungen zum Eingriffsrecht des Senats in bezirkliche Aufgaben. Zugleich soll sichergestellt werden, dass die Bezirke bei Vorhaben frühzeitig eingebunden werden müssen. Zukünftig werden alle rund 4.500 Aufgaben der Berliner Verwaltung in einem einheitlichen Katalog dargestellt. Auch hierzu wird eine Verfassungsänderung angepeilt.
Grüne und Linke stellen sich hinter Reform
Grüne und Linke machten in der Debatte deutlich, dass sie die Reform für nötig erachten und daher weiter unterstützen wollen. «Es ist bitter nötig, dass wir Berlins Verfasstheit, dass wir Berlins Maschinenraum gründlich aufräumen, neu verkabeln und so zum Laufen bringen», sagte Grünen-Fraktionschef Werner Graf. «Wir als Linke machen mit, weil nur eine funktionierende Stadt auch eine soziale Stadt sein kann», sagte Linke-Fraktionschef Tobias Schulze.
Zustimmung kein Automatismus
Beide unterstrichen jedoch, den Plänen nicht um jeden Preis zustimmen zu wollen. Nicht alles, was dem Parlament nun vom Senat vorgelegt worden sei, entspreche den bisherigen Verabredungen mit den Bezirken und Fraktionen, sagte Graf. «Es wird nun am Parlament liegen, dies zu korrigieren.» Ähnlich äußerte sich Schulze: Seine Fraktion werde nicht Dingen zustimmen, die nicht mit ihr vereinbart worden seien.
In den vergangenen Wochen war zutage getreten, dass Formulierungen zum Konnexitätsprinzip noch strittig sind. Das gilt auch für Kompetenzen einer geplanten Einigungsstelle, die bei Konflikten zwischen Landes- und Bezirksebene eine Lösung finden soll.
Auch SPD hat noch Redebedarf
SPD-Fraktionschef Raed Saleh sagte mit Blick auf die nun anstehenden Reform-Beratungen im Abgeordnetenhaus: «Wir werden dabei so zügig wie möglich und so gründlich wie nötig vorgehen.» Seine Fraktion wolle das Paket mit einer Expertenanhörung und gegebenenfalls mit Gutachten intensiv prüfen. «Hier ist Sorgfalt geboten, denn es sind noch einige zentrale Fragen zu klären.»
AfD kritisiert Ausgrenzung
Die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker kritisierte, dass ihre Fraktion nicht in die Vorbereitungen der Reform eingebunden ist. Weitere Ausgrenzung mache die AfD nur stärker. «Das Gesetz ist ein Anfang, aber es ist nicht ausgereift und lässt wichtige Themen unberücksichtigt», sagte sie zur Verwaltungsreform. «Die Finanzierung der Bezirke wird nicht angefasst», nannte sie ein Beispiel. Elemente direkter Demokratie wie eine Direktwahl der Bezirksbürgermeister würden nicht aufgenommen – das sei eine verpasste Chance.
Während Brinkers Rede verließ Wegner seinen Platz auf der Senatsbank und unterhielt sich unter anderem mit seiner Staatssekretärin für Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung, Martina Klement. Dabei drehte er Brinker den Rücken zu.