Zum Jahresanfang sollte der öffentliche Nahverkehr in Berlin eigentlich barrierefrei sein. Davon sind die U-Bahnhöfe noch weit entfernt.
Von insgesamt 175 U-Bahnhöfen sind aktuell 141 für Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderte mit einer Rampe oder einem Aufzug zugänglich, berichtet der rbb unter Berufung auf Angaben der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Das sind rund 80 Prozent der Bahnhöfe. 130 U-Bahnhöfe (74 Prozent) verfügen demnach über ein Blinden-Leitsystem.
Eine UN-Konvention zur Stärkung der Rechte behinderter Menschen sieht vor, dass vom Jahr 2022 an der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) vollständig barrierefrei sein soll. Deutschland hatte die Konvention im Jahr 2009 ratifiziert.
Arbeiten bis 2024 beendet
Die BVG kündigte laut dem rbb-Bericht an, bis Ende des Jahres 2024 „mit dem Großteil der Einbauten fertig zu sein“. Das hänge allerdings davon ab, ob die Verkehrsbetriebe die dafür nötigen Baugenehmigung zeitnah bekämen.
Derzeit seien Aufzüge an elf U-Bahnhöfen im Bau: Schlesisches Tor, Augsburger Straße, Rathaus Schöneberg, Seestraße, Konstanzer Straße, Grenzallee, Residenzstraße, Pankstraße, Birkenstraße, Bayerischer Platz und Platz der Luftbrücke.
30 Monate für einen Aufzug
Der Einbau eines Aufzugs dauere zwischen neun und 30 Monaten – je nachdem, welche baulichen Probleme es am jeweiligen Standort gibt. „Die im Vorfeld erforderlichen Planungs-, Genehmigungs- und Leitungsverlegungszeiträume betragen aktuell je Standort fünf bis zehn Jahre.“
Mehr als 50 verschiedene Verwaltungen und Verbände müssten bei den gesetzlich vorgeschriebenen Abstimmungs- und Genehmigungsverfahren beteiligt werden, erklärte die BVG und regte an, diese Zahl zu reduzieren.
Denkmalschutz bereitet Probleme
Zu den Blinden-Leitsystemen teilte die BVG mit, dass der Einbau der geriffelten Bodenplatten zum Teil erhebliche Umbaumaßnahmen an der Bahnsteigplatte erfordere und wegen der dafür nötigen Bahnsteigsperrungen zu Betriebseinschränkungen führe.
Auch der Denkmalschutz macht laut BVG den Einbau von Blinden-Leitstreifen „sehr aufwändig“, beispielsweise im U-Bahnhof Klosterstraße.
S-Bahn steht besser da
Bei der Berliner S-Bahn sieht es besser aus mit der Barrierefreiheit, wird berichtet. Nach Unternehmensangaben sind 156 der insgesamt 168 Bahnhöfe (knapp 93 Prozent) durch Aufzüge oder zumindest über Rampen nutzbar. 145 Bahnhöfe (86 Prozent) sind an den Bahnsteigen mit einem Blinden-Leitsystem ausgestattet.
Text: red/nm, Bild: IMAGO/Aviation-Stock