Bad Freienwalde (dpa/bb) – Es sollte ein buntes Fest werden, ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz und gegen Hass und Hetze. Doch kurz vor Beginn der Veranstaltung «Bad Freienwalde ist Bunt» greift eine Gruppe von zum Teil Vermummten Menschen an. Die Polizei spricht von 10 bis 15 Angreifern, die Schlagwerkzeuge oder Holzstöcke dabeihatten. Am frühen Sonntagabend waren die Täter noch nicht gefasst.
Mindestens zwei Menschen wurden bei der Attacke am Mittag auf dem Marktplatz von Bad Freienwalde leicht verletzt, wie die Polizei mitteilte. Einige Teilnehmer der Veranstaltung gehörten zur queeren Community, wie es hieß.
Polizei stand an falscher Stelle
Einsatzkräfte waren nach Angaben der Polizei zwar vor Ort, jedoch an der falschen Stelle – deshalb hätten sie den Angriff nicht verhindern und die Täter entkommen kommen, sagte ein Sprecher. Die Angreifer flüchteten noch vor dem Eintreffen der Polizei. Die Verletzten mussten nicht von Rettungskräften behandelt werden.
Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann, wird der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz die Ermittlungen übernehmen, sagte ein Polizeisprecher. Die Behörde hatte demnach vor Beginn der Veranstaltung Kontakt mit den Veranstaltern.
«Es ist relativ schwierig, die Situation zu ertragen»
Die Sprecherin des Bündnisses, Jule Grienitz, war bei dem Angriff dabei. «Wir waren beim Aufbau und zehn Minuten vor Beginn der Veranstaltung kamen ungefähr zwölf junge Männer vermummt mit Quarzsandhandschuhen und Schlagstöcken auf uns zu gerannt, haben um sich geschlagen, haben drei Leute verletzt», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Angreifer seien von der vom Bündnis bereitgestellten Security-Gruppe abgedrängt worden.
«Es ist relativ schwierig, die Situation zu ertragen.» Es seien Kinder vor Ort gewesen, die alles mitbekommen hätten. Ihren Angaben zufolge wurden drei Menschen verletzt. «Einer hatte ein richtig großes blaues Veilchen, einer eine blutende Verletzung am Mund und einer eine Prellung im Gesicht.»
Veranstalter lassen sich nicht einschüchtern
Das Bündnis wollte mit einer Sommerkundgebung «gegen Rechtsruck, gegen Hass und Hetze» demonstrieren. Auf dem Programm standen unter anderem ein Kinderprogramm, Livemusik und ein Graffitiworkshop.
Die Veranstaltung wurde nach dem Angriff fortgesetzt und von der Polizei geschützt. «Was der Angriff der Nazis nicht geschafft hat, ist, uns hier die Veranstaltung zu verderben», sagte Grienitz.
Es seien viele Leute da gewesen, die Stimmung sei gut gewesen. «Die Einschüchterungsmasche der Neonazis oder der organisierten Faschisten, zieht natürlich, aber uns als Bündnis schweißt sie eher enger zusammen.»
Innenminister René Wilke vor Ort
Brandenburgs Innenminister René Wilke machte sich vor Ort ein Bild von der Lage. «Pöbeleien gab es in der Vergangenheit immer wieder mal bei solchen Veranstaltungen, aber so etwas war gänzlich neu», sagte der parteilose Politiker. «Das ist etwas, was wir in dieser Gesellschaft nicht dulden dürfen.»
Dass es Menschen in Deutschland gebe, die das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht tolerierten, sondern aktiv dagegen vorgingen, dürfe von niemandem toleriert werden. Wilke ermutigte die Veranstalter dazu, weiterzumachen und sich nicht einschüchtern zu lassen.
Plakate wurden abgerissen
Die Veranstaltung fand ihren Angaben zufolge zum fünften Mal statt. Das Bündnis habe im Vorfeld in etwa 50 Plakate aufgehängt, von denen etwa die Hälfte abgerissen worden sei. «Wir haben aber nicht damit gerechnet, dass wir so organisiert angegriffen werden.»
Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung und bittet Zeugen um Hinweise. Am frühen Sonntagabend waren die Täter nach Angaben eines Polizeisprechers noch nicht gefasst.
Verfassungsschutzbericht: Treffpunkt der rechten Szene
Bad Freienwalde hat rund 12.000 Einwohner. Die Stadt befindet sich im Osten von Brandenburg, kurz vor der polnischen Grenze, und liegt nach Angaben der Stadtverwaltung 56 Kilometer von Berlin-Mitte entfernt. Der Verfassungsschutzbericht 2023 nennt den Ort auch als einen Treffpunkt der rechten Szene.
Die Amadeu Antonio Stiftung teilte auf der Plattform X mit, der bewaffnete rechtsextreme Angriff am helllichten Tag auf ein Fest zeige, wie selbstbewusst und selbstermächtigt die Szene inzwischen sei.