Giffeys Vorschlag würde bedeuten, die Quarantänevorschriften trotz galoppierender Fallzahlen weiter aufzuweichen.
Krankenschwestern und Pflegekraefte

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sieht den Einsatz von Corona-Infizierten ohne Symptome als „Not-Not-Notlösung“.

Es fällt zunehmend schwer, in der politischen Debatte zur Corona-Lage eine Richtung oder ein Ziel zu erkennen. Und das ist noch freundlich formuliert.

Omikron lässt die Infektionszahlen explodieren, doch das Thema Impfpflicht sitzt die Bundesregierung weiter aus. Das liegt wohl vor allem an der vergleichsweise entspannten Lage auf den Intensivstationen.

Manch einer bezeichnet die Omikron-Variante gar als harmlos. Von weitgehenden Lockerungen, die derzeit in vielen unserer Nachbarländer auf den Weg gebracht wurde, will die Politik, abgesehen von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), dennoch nichts wissen.

Äußerster Notfall

Zusätzliche Verwirrung stiftete dieser Tage Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey. Im rbb-Inforadio schloss die SPD-Politikerin nicht aus, dass im äußersten Notfall symptomfreie Corona-Infizierte auch im Gesundheitswesen arbeiten könnten. Falls durch Personalmangel die gesundheitliche Versorgung infrage stehe, müsse man sich darüber Gedanken machen, so die Senatschefin.

Das gelte auch für den Einsatz von Personen mit einem positiven Corona-Test in anderen Bereichen der kritischen Infrastruktur, wie zum Beispiel der Feuerwehr oder den Wasserbetrieben. Laut einem Bericht von rbb24 betonte sie, es gehe um einen „Not-Not-Notfall“. An diesem Punkt sei man in Berlin, wo die Corona-Inzidenzen zuletzt so hoch waren wie sonst nirgendwo in Deutschland, aber noch nicht.

Derzeit liege der Personalausfall im Schnitt bei 15 Prozent, bis zu 30 Prozent könnten durch Notfallpläne abgefedert werden. Man müsse sich aber Gedanken für den Fall machen, dass die Infektionszahlen weiter deutlich steigen, erklärte die Regierende.

Quarantäne verkürzt

Giffeys Vorschlag würde bedeuten, die Quarantänevorschriften trotz galoppierender Fallzahlen weiter aufzuweichen. Aus Sicht der Personalplanung mag dieser Ansatz Sinn ergeben, aus virologischer Perspektive allerdings nicht.

Andererseits wäre es nur ein weiterer Schritt dabei, sich von den einst so strengen Quarantäneregeln zu verabschieden. Bekanntlich wurde die Dauer der Quarantäne für Kontaktpersonen und der Isolierung von Infizierten im Januar verkürzt. Damit war auch das Ziel verbunden, dass Krankenhäuser und andere Einrichtungen der kritischen Infrastruktur genug Personal haben.

Mit ihren jüngsten Äußerungen präzisierte Giffey ihre Aussagen vom vorvergangenen Wochenende. Der „Bild am Sonntag“ hatte die 43-Jährige gesagt, falls der Betrieb in der elementaren Grundversorgung nicht mehr mit Gesunden aufrechterhalten werden könne, sei es eine Option, „dass Infizierte, die aber keinerlei Symptome haben, in bestimmten Bereichen im Ausnahmefall weiter zur Arbeit kommen“.

CDU: „Absurde Äußerungen“

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Zander, nannte diese Äußerungen „völlig absurd“. Giffey konterkariere die Impfkampagne und den Sinn einer Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen.

Text: Nils Michaelis, Bild: IMAGO/Jochen Eckel