Berlins größte Geflüchtetenunterkunft hat in Tegel ihren Platz auf dem ehemaligen Flughafengelände.  (Archivfoto)
Berlins größte Geflüchtetenunterkunft hat in Tegel ihren Platz auf dem ehemaligen Flughafengelände. (Archivfoto) Foto: Christophe Gateau/dpa

Berlin (dpa/bb) – Auf dem früheren Flughafengelände in Berlin-Tegel sollen deutlich länger als geplant Flüchtlinge untergebracht werden. Die Nutzung von Gebäuden und Teilen der Flächen wird bis mindestens Ende Mai 2031 verlängert. Das hat der Senat beschlossen, wie die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Integration mitteilte. Bisher war das bis Ende 2025 vorgesehen. 

Künftig findet auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens im Nordwesten Berlins übergangsweise ein zentrales Ankunftszentrum für Asylsuchende und Geflüchtete Platz. Ab dem kommenden Jahr sollen dort den Angaben zufolge alle in Berlin ankommenden geflüchteten und asylsuchenden Menschen registriert und vorübergehend untergebracht werden. Im Zuge des Umbaus werden die Kapazitäten zur Unterbringung geflüchteter Menschen verkleinert. 

Nur noch 2.600 Plätze 

Der Senat reagiert damit auf die neue Rechtslage nach der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). In Tegel sollen die Aufgaben, die sich mit der Ankunft von Geflüchteten ergeben, gebündelt werden. 

Dazu gehört nach Angaben der Sozialverwaltung das neue verpflichtende Screeningverfahren für Asylsuchende und die zentrale Unterbringung der Menschen während dieser Zeit. Im Zuge des Verfahrens, das in der Regel eine Woche dauert, werden Identität, Gesundheit und Schutzbedürftigkeit der Menschen überprüft. Zudem sind Sicherheitsüberprüfungen geplant. 

Vorgesehen sind in Tegel 600 Plätze für Menschen, die dieses Verfahren durchlaufen. Hinzu kommen 2.000 Plätze für Personen, die das Screeningverfahren schon durchlaufen haben – zusammen also 2.600.

Kritik an Großunterkunft

Zwischenzeitlich waren die Zahlen der Untergebrachten um ein Mehrfaches höher. Tegel war 2022 nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine als Ankunftszentrum konzipiert worden. Dort sollten die geflüchteten Menschen aus der Ukraine zunächst einige Tage dort bleiben, dann aber in andere Bundesländer weiterreisen oder anderswo in Berlin unterkommen. 

Allerdings wurden schon bald Tausende Menschen teils sehr lange dort untergebracht, unter anderem in sogenannten Leichtbauhallen. An der Notunterkunft, die als größte Deutschlands gilt, und den menschenunwürdigen Zuständen dort hatte es in der Vergangenheit immer wieder Kritik gegeben. 

Tegel gilt als sehr teuer bei niedrigem Standard

Der Sender RTL und das Magazin «Stern» berichteten erst am Montag über Missstände und hohe Kosten. Ein Sprecher der Sozialverwaltung teilte dazu auf dpa-Anfrage mit, Senat und Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten seien sich bewusst, dass die Notunterkunft in Tegel die teuerste Unterkunft mit dem niedrigsten Standard in Berlin sei. 

Den Angaben zufolge betrugen die von der Tegel Projekt GmbH, der Messe Berlin und dem DRK Sozialwerk unter anderem für Miete, Betriebskosten und Sicherheitsdienstleistungen in Rechnung gestellten Kosten 2023 rund 298 Millionen Euro. «Die Unterbringung in Tegel ist sehr teuer und fördert auch nicht die Integration der Menschen dort», räumte die Sozialverwaltung ein.

Die Massenunterkunft soll deshalb schrittweise verkleinert werden. Seit vergangenem Oktober sei die Belegung von 5.500 auf weniger als 3.000 Plätze verringert worden. «Das oberste Ziel und unser gesetzlicher Auftrag waren es, immer zu verhindern, dass ankommende Geflüchtete nicht obdachlos sind und auf der Straße leben müssen.»

Hochschule für Technik soll ins Terminal A 

Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hatte sich selbst mehrfach kritisch über die Großunterkunft in Tegel geäußert und stattdessen auf eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten im ganzen Stadtgebiet gedrängt. Dort sind geeignete Unterkünfte aber rar. Neubauten oder der Aufbau von Containerlösungen dauern und stoßen auf viele Widerstände. 

Bei dem neuen Senatsbeschluss geht es insbesondere um das alte Terminal C des Flughafens und die daran angrenzenden Freiflächen. In das für den früheren Flughafen charakteristische und unter Denkmalschutz stehende Terminal A in Form eines Sechsecks soll künftig die Berliner Hochschule für Technik (BHT) einziehen. 

Das ehemalige Terminal B daneben soll das Gründungszentrum Urban Tech Republic beherbergen. Dort sollen Start-ups, Unternehmen und Forschungseinrichtungen Platz finden. Auf dem Gelände ist außerdem das Schumacher-Quartier geplant, ein Wohnungsbauprojekt für Tausende Menschen.