Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte die Enquete-Kommission für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen Rassismus im Februar eingesetzt. (Archivbild)
Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte die Enquete-Kommission für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen Rassismus im Februar eingesetzt. (Archivbild) Foto: Britta Pedersen/dpa

Berlin (dpa/bb) – Die vom Berliner Abgeordnetenhaus eingesetzte Enquete-Kommission gegen Rassismus hat sich im Parteienstreit verhakt. Neun Monate nach Start des aus Politikern und Sachverständigen bestehenden Gremiums erklärte die Grünen-Fraktion, die Kommission sei «fachlich wie politisch faktisch gescheitert». Die Linke-Fraktion gab bekannt, dass zwei von ihr in das Gremium entsandte Experten zurückgetreten seien. Zuvor hatte das der «Tagesspiegel» vermeldet. «In den letzten Wochen wurde leider immer wieder deutlich, dass es in der Kommission keine gemeinsame Arbeitsgrundlage zu geben scheint», so die Linke. Beide Fraktionen gaben der CDU-Fraktion die Schuld daran. 

Große Aufgabe 

Die Kommission besteht aus Politikern von CDU, SPD, Grünen und Linken sowie Wissenschaftlern und anderen Fachleuten. Sie hatte im März ihre Arbeit aufgenommen und tagte seither neunmal. Ihr Auftrag ist, Strategien für gesellschaftlichen Zusammenhalt, gegen Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jede Form von Diskriminierung zu erarbeiten. Dazu soll sie Ideen und konkrete Vorschläge entwickeln – und zwar, wie es damals hieß, abseits der Tagespolitik. 


Scharfe Kritik an CDU-Mitgliedern

Sowohl Linke als auch Grüne werfen der CDU-Fraktion nun vor, die Arbeit der Kommission zu behindern. So erklärten beide Oppositionsfraktionen, dass sich ein CDU-Abgeordneter auf Social Media rassistisch über Sinti und Roma geäußert habe, die Kommission trotz breiter Kritik an ihm aber nicht verlassen wolle. CDU-Mitglieder im Gremium hätten dort immer wieder Sachverständige aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft respektlos behandelt, teils verunglimpft und ihre Expertise infrage gestellt. 

Es sei zunehmend schwieriger geworden, Experten aus der Praxis für Anhörungen zu gewinnen, «da viele befürchteten, dass ihren Projekten die Mittel gekürzt und sie als Personen diskreditiert werden, wenn sie sich vor der Kommission für die CDU politisch unliebsam äußern», sagte Linke-Fraktionschefin Anne Helm. Ähnlich äußerte sich ihre Grünen-Kollegin Bettina Jarasch. 

CDU will «konstruktive Beteiligung»

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner ging nicht auf die einzelnen Vorwürfe ein. «Für uns hat weiterhin das gemeinsame Ziel der Enquete-Kommission Priorität: die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts», betonte er. «Wir appellieren daher an alle Beteiligten, sich im Interesse unserer Stadt an einer erfolgreichen Arbeit der Kommission weiterhin konstruktiv zu beteiligen. Wir werden dies weiterhin tun.» 

SPD-Fraktionschef Raed Saleh erinnerte als Vorsitzender der Kommission an die Zielsetzung, Zusammenhalt und Miteinander in der Gesellschaft für kommende Generationen zu sichern. «Ich erwarte, dass die demokratischen Fraktionen sich konzentriert und respektvoll dieser zentralen und wichtigen Aufgabe widmen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. 

Wie weiter?

«Nun gilt es, die wertvollen Vorschläge und Erkenntnisse der vielen Anhörungen zu bewerten und zu sichern», so Saleh. «Dazu bin ich mit den beteiligten Fraktionen in engem Austausch.»

Nach den bisherigen Plänen sollte die Kommission bis Juni 2026 regelmäßig tagen und dann einen Abschlussbericht mit Empfehlungen vorliegen. Wie es nun aussieht, könnte das Gremium seine Arbeit früher offiziell beenden.

Dem Vernehmen nach sollen Ergebnisse der bisherigen Anhörungen jetzt zusammengefasst und für einen Bericht mit Stellungnahmen der Fraktionen ergänzt werden. Dazu sind weitere Sitzungen der Kommission geplant. Weitere externe Fachleute werden in dem Gremium nicht mehr angehört. 

Enquete-Kommissionen werden von Parlamenten auf Landes- und Bundesebene eingesetzt, um Entscheidungen über besonders umfangreiche oder komplexe Sachverhalte vorzubereiten. Die Ergebnisse ihrer Arbeit leiten solche Kommissionen dann an das Parlament weiter, das sich anschließend damit beschäftigt. Am 20. September 2026 wird in Berlin ein neues Abgeordnetenhaus gewählt.