Berlin (dpa) – Der Filmemacher Rosa von Praunheim ist tot. Er starb in der Nacht zum Mittwoch im Alter von 83 Jahren, wie der Deutschen Presse-Agentur aus seinem persönlichen Umfeld bestätigt wurde. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet. Von Praunheim war eine prägende Figur der Schwulenbewegung in Deutschland. Erst vor wenigen Tagen hatte er seinen langjährigen Partner Oliver Sechting geheiratet.
Im Laufe seiner Karriere drehte der Berliner Regisseur rund 150 Filme, darunter «Die Bettwurst», «Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt» und «Rex Gildo – Der letzte Tanz». Von Praunheim malte auch, schrieb Theaterstücke und Bücher («Hasenpupsiloch»).
Seine ungewöhnlichen Auftritte
Von Praunheim, der gerne ungewöhnliche Kostüme trug, war auch für streitlustige Auftritte zum Beispiel in Talkshows bekannt. In seiner wohl umstrittensten Aktion hatte er 1991 den Moderator Alfred Biolek und den Komiker Hape Kerkeling im Fernsehen geoutet.
Von Praunheim verteidigte die Aktion später. Gerade Leute, die in den Medien präsent seien, hätten eine Verantwortung zu zeigen, dass Homosexualität eine gleichberechtigte Lebensform sei. «Wir müssen sichtbar sein», sagte er bei «Talk im Turm». Andere kritisierten die Aktion als übergriffig.
Ikone des Independentkinos
Der Künstler setzte sich mit der Aidskrise («Ein Virus kennt keine Moral»), Sexarbeit und seiner eigenen Vergangenheit auseinander. Der Dokumentarfilm «Meine Mütter – Spurensuche in Riga» entstand, nachdem ihm seine Mutter erst spät im Leben erzählt hatte, dass er nicht ihr leiblicher Sohn war.
«Sein Leben und sein Werk waren und sind subversiv und radikal, voller Empathie und voller Aufruhr, abgedreht und lebensnah. Mein Herz ist voller Trauer und voller Dankbarkeit», teilte der Vorsitzende des Kulturausschusses im Bundestag, Sven Lehmann, mit. Noch vor wenigen Tagen habe er bei von Praunheims Hochzeit dabei sein dürfen, einem «Fest der Liebe».
Warum ein Film so wichtig war
Von Praunheims Film «Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt» von 1971 habe nicht weniger als die deutsche Homosexuellen-Bürgerrechtsbewegung in Gang gesetzt. «Der Film stiftete Unruhe in einer Zeit von Strafgesetzen und Sittenpolizei und gab den Anstoß für öffentliche Aktionen und die ersten CSDs», schrieb Lehmann.
Entertainer Riccardo Simonetti postete bei Instagram ein Video von sich und von Praunheim und schrieb dazu: «Ich werde unsere gemeinsamen Begegnungen und Unterhaltungen für immer wertschätzen». Die Nachrichten zu dem Tod des Künstlers hätten ihn sehr traurig gemacht.
«Du bist der Beste! Viel Spaß bei Deiner Beerdigung»
Das Deutsche Theater in Berlin würdigte von Praunheim als «Tausendsassa». «Rosas Wohnung war ein lebendes Atelier; er arbeitete immer und an vielem gleichzeitig. Er war ein unruhiger Geist, der unsere Gegenwart mit Polemik und Neugier, Schärfe und Witz analysierte, dauerbedichtete und dauerbesang», teilte Chefdramaturg Bernd Isele mit.
Im Nachruf des Theaters hieß es weiter: «Lieber Rosa, immer, wenn Du hier bei uns warst, hattest Du ein Geschenk für uns dabei – meistens Würmer oder Spinnen aus Plastik. Oder andere schöne Dinge. Heute wollen wir Dir was schenken: Einen Luftkuss. Du bist der Beste! Viel Spaß bei Deiner Beerdigung».
In Interviews kokettierte von Praunheim damit, dass ihm eine Wahrsagerin sein Sterbedatum vorhergesagt hatte, angeblich aber für das Jahr 2023. Der Tod sei in seiner Vorstellung etwas Herrliches, sagte er der Deutschen Presse-Agentur im Jahr 2022. «Sex nach dem Tode – glaube ich sehr stark dran.»


