Kai Wegner (CDU, l) wird im Berliner Abgeordnetenhaus nach seiner Wahl von Raed Saleh beglückwünscht.
Kai Wegner (CDU, l) wird im Berliner Abgeordnetenhaus nach seiner Wahl von Raed Saleh beglückwünscht. Foto: Christophe Gateau/dpa

Berlin (dpa/bb) – Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus zieht eine negative 100-Tage-Bilanz des neuen schwarz-roten Senats. Bereits die Wahl des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) am 27. April womöglich mit Hilfe von Stimmen der AfD sei ein «politischer Tiefpunkt» gewesen, sagte der Linke-Fraktionsvorsitzende Carsten Schatz der Deutschen Presse-Agentur. Weitere Tiefpunkte seien gefolgt.

«Zu nennen ist hier insbesondere neben dem Umgang mit dem Mobilitätsgesetz und dem Stopp der Radwegeplanung, dass die Koalition bisher nicht in der Lage war, die von ihr vollmundig angekündigte Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre ins Parlament einzubringen», so Schatz. Dies werfe die Frage auf, was die Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD wirklich wert sei. «Kai Wegner gibt gern den großen Macher, kommt aber über das Machen großer Ankündigungen bisher kaum hinaus», meinte Schatz.

Auch die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker sieht etliche Fehlleistungen des neuen Senats. «Falsch läuft, dass der theoretisch CDU-geführte Senat in weiten Teilen ein rot-grünes Programm umsetzt», sagte sie der dpa. «Innere Sicherheit und Verkehr könnten zukünftig zumindest teilweise Ausnahmen bilden, aber ich bin sehr skeptisch, ob die CDU sich hier tatsächlich gegen die SPD durchsetzt.»

Regierungschef Wegner leide am «Merkel-Syndrom», so Brinker: «Er versucht in erster Linie, der überwiegend linken Medienlandschaft zu gefallen. Viele Berliner haben seine Partei aber gewählt, damit die rot-grünen Irrwege endlich verlassen werden. Diese Wähler lässt Wegner im Stich.»

SPD-Fraktionschef Raed Saleh hingegen zieht naturgemäß eine positive 100-Tage-Bilanz von Schwarz-Rot. «Ich bin mit der bisherigen Arbeit der Koalition sehr zufrieden», sagte er der dpa. «Der Haushaltsentwurf des Senats ist eine gute Grundlage für alles, was wir uns gemeinsam vorgenommen haben. Die sozialdemokratische Handschrift ist klar erkennbar.»

Saleh verwies auch auf den vom Senat beschlossenen Gesetzentwurf für ein zunächst fünf Milliarden Euro umfassendes, kreditfinanziertes Sondervermögen für mehr Klimaschutz. «Mit dem Sondervermögen mehmen wir viel Geld in die Hand, um die Klima- und Mobilitätswende als die große Generationenaufgabe unserer Zeit zu bewältigen.» Es handele sich zudem um das größte Konjunkturprogramm seit Jahrzehnten. «Unser erklärtes Ziel ist es, Berlin deutlich vor 2045 klimaneutral zu machen.»

Der von CDU und SPD gebildete Senat hatte seine Arbeit am 27. April aufgenommen. Zuvor war der CDU-Landesvorsitzende Wegner im Abgeordnetenhaus erst im dritten Wahlgang zum Regierenden Bürgermeister gewählt worden. Obwohl die Koalitionspartner CDU und SPD dort 86 Stimmen haben, erhielt er im ersten Wahlgang in geheimer Wahl nur 71, im zweiten dann 79 Stimmen. Im dritten Anlauf kam er auf 86, doch erklärte die AfD, für ihn gestimmt zu haben.

«Ich glaube, dass die AfD lügt», sagte Wegner anschließend im RBB dazu. Seine 86 Stimmen seien die von CDU und SPD gewesen. «Im dritten Wahlgang stand die Koalitionsmehrheit.»