Burg/Lübbenau (dpa/bb) – Die Flammen steigen in warmen Farbtönen auf, Glaskamine auf den Tischen bieten freie Sicht auf das Feuer. Ringsherum: Natur und Stille. Kahnfahrten im winterlichen Spreewald bieten ein ganz anderes Erlebnis als im Sommer, das nicht nur die Besucher genießen, sondern auch die Kahn-Fährmänner selbst. Vor allem aber sorgen die Winterfahrten dafür, dass die Spreewald-Gondolieri auch im Winter Arbeit haben – ganz anders als noch vor einigen Jahren.
Kein Gegenverkehr, keine voll bepackten Kähne
«Ich bin lieber im Winter als im Sommer unterwegs», sagt etwa Kahnfährmann Sebastian, der an diesem Wintertag seine Touren im Hafen von Burg im Spreewald startet. Es sei viel ruhiger als im Sommer. Der Kahn mit etwa acht Gästen gleitet lautlos durchs Wasser, kein Gegenverkehr, keine anderen voll bepackten Kähne in Sicht, keine Mücken, dafür ein Buntspecht in einem Baum.
Die Gäste genießen ihren Glühwein und die Stille. «Es ist einfach so erholsam und absolut entspannend», schwärmen Sabine und Jürgen aus Neusalza in Sachsen. Sie seien bereits das dritte Mal bei einer Winterkahnfahrt dabei. «Manche Gäste wollen auch einfach einmal eine Stunde gar nichts sagen», erzählt Fährmann Sebastian. Die Fahrten seien für viele ein gutes Kontrastprogramm zum stressigen Alltag.
Selbst wochentags kommen zahlreiche Besucher
Seit 2015 bieten Hafenmeister Dirk Meier und sein Sohn Tino Kaminfahrten an, Glühweinfahrten bereits seit 2005. Vier Abfahrtstermine täglich stehen auf der Schautafel und selbst unter der Woche – an einem Montag – sind die Boote gut besucht. «Die Kamine sind aus einer Bacardi-Laune heraus entstanden, ich habe viel experimentiert», erzählt Dirk Meier, der sich seine Idee hat patentieren lassen.
«An den Wochenenden ist bei uns jetzt teilweise mehr los, als im Sommer», ergänzt Sohn Tino, stellvertretender Hafenmeister. Zwölf Kähne seien inzwischen mit Kaminen ausgestattet. «Wenn Schnee liegt, ist das ein richtiges Highlight. Ansonsten sind die Wälder nicht mehr so belaubt und man kann etwas weiter schauen, man sieht Häuser, die man sonst nicht so sieht. Es ist ruhiger, man sieht vielleicht auch ein paar mehr Tiere als im Sommer», beschreibt er die Besonderheiten der Winterfahrten.
Kahnfährleute waren früher im Winter arbeitslos
«Früher waren die meisten Fährleute acht Monate angestellt und im Winter arbeitslos. Mittlerweile können wir mit allen Fährleuten durch den Winter gehen, weil wir das Glück haben, dass die Kaminkähne so gut angenommen werden», so Tino Meier.
Während die Kahnfährleute in Burg fest angestellt sind, arbeiten sie am Großen Spreewaldhafen Lübbenau laut Vorstand Steffen Franke als Selbstständige. Aber auch dort werde immer nach Ideen gesucht, mit denen man Gäste ganzjährig in die Boote holen kann. «Neu im Angebot sind bei uns ab Januar Musiknachmittage. Es wird zum Beispiel Kesselgulasch und Stockbrot geben, so dass man gut im Hafen verweilen kann. Das Ganze wird dann mit Blasmusik, aber auch House-Musik untermalt», erzählt Franke.
House-Musik und Winterwanderungen
Ein Testlauf mit House-Musik sei hervorragend angekommen, vor allem in der Altersgruppe der Ende 30- bis Ende 50-Jährigen. «Wir hoffen, den Winter damit auch etwas zu beleben», so Franke. Auch Wanderungen sollen im Winter angeboten werden. «Die Gäste haben dann die Möglichkeit, eine Wanderung mit einer Kahnfahrt zu kombinieren», so Franke.
Die Spreewaldweihnacht mit Touren zu Weihnachtsmärkten an zwei Adventswochenenden sei eine der wichtigsten Einnahmequellen im Winter. «Das ist ein ganz großer Termin. Da werden pro Tag 5.000 bis 6.000 Gäste glücklich gemacht. Die Karten sind im Vorfeld immer ausverkauft. Damit sichern die Fährleute zumindest den Dezember ab.» Außerdem bieten auch die Lübbenauer Fährleute bis Ende März täglich zweimal Winterkahnfahrten an. Für die Gäste gibt es laut Franke Wolldecken, Glühwein oder andere Heißgetränke.
Spreewald als beliebteste Reiseregion
Der Spreewald ist in Brandenburg die beliebteste Reiseregion. Laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg wurden dort 2024 rund 2,2 Millionen Übernachtungen gezählt – gefolgt vom Seenland Oder-Spree mit 2,1 Millionen Übernachtungen. Jede dritte Übernachtung wurde in einem dieser beiden Reisegebiete gebucht.


