Die vergangenen zwei Jahre waren schwer für viele Hoteliers. Die befürchtete Schließungswelle aber ist ausgeblieben. Stattdessen scheint Berlin gar ein Hotel-Boom bevorzustehen.
In den vergangenen zwei Jahren blieben die sonst das Stadtbild bestimmenden Touristenmassen coronabedingt fern, viele Experten befürchteten eine Schließungswelle bei Beherbergungsstätten als Folge der Pandemie. Aktuelle Zahlen zeigen nun, dass diese Befürchtungen grundlos waren. Die geplanten Hotelneubauten und Umnutzungen deuten gar einen anstehenden Hotel-Boom an. Und das in einer Stadt, die mit 787 Beherbergungsbetrieben und 150.000 Betten ohnehin schon auf viele Touristen ausgerichtet ist.
Mehr Platz für Urlauber
Insgesamt 151 neue Hotels und Hostels sollen in nächster Zeit entstehen. Das geht aus einer Senatsantwort auf die Anfrage des Grünen-Abgeordneten Julian Schwarze hervor. Die meisten neuen Hotels sollen demnach in Mitte eröffnen. 16 Hotel-Neubauten, vier Erweiterungen und 13 Umnutzungen sind hier in Planung. Aber auch andere Bezirke, allen voran Pankow und Lichtenberg (jeweils 28 Hotels), wollen mehr Platz für Urlauber schaffen.
Im Außenbezirk Treptow-Köpenick sollen immerhin 20 neue Unterkünfte entstehen. Allein in der Wendenschloßstraße ist ein neues Hotel mit 646 Betten in Planung.
Hotels statt Kinos
Am Alexanderplatz soll ein Hotel sogar das beliebte Kino Cubix ersetzen. Auf Anfrage des Berliner Abendblatts bestätigt Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe, dass es einen entsprechenden positiven Vorentscheid gegeben hat. Einen Bauantrag hingegen gebe es noch nicht. Für viele Kinogänger wäre die Schließung des Kinos ein weiterer Schlag, nachdem bereits das Colosseum in Prenzlauer Berg seine Türen schließen musste. Die Masse an geplanten Hotelneubauten sorgt aber auch aus anderen Gründen für Kritik.
Zwar ist der Tourismus ein wichtiger Geschäftszweig für die Stadt, doch wünschten sich viele Berliner statt neuer Hotels mehr bezahlbaren Wohnraum. Zumal die Unterkünfte in der Hauptstadt vor der Pandemie nur etwa zu 60 Prozent ausgelastet waren. Für einen Neubaustopp für Hotels und Shoppingcenter plädiert die Sprecherin für Stadtentwicklung der Linken im Abgeordnetenhaus, Katalin Gennburg.
Der begrenzte Raum einer Stadt müsse für die Absicherung der öffentlichen Daseinsfürsorge bereitgestellt werden und deshalb zuallererst für leistbaren Wohnraum. Die Unterauslastung vor der Pandemie habe gezeigt, dass es keine weiteren Hotelvorhaben brauche. „Wie brauchen die Grundstücke für Wohnungsbau und Schulbauten und weil wir als Regierungskoalition verabredet haben die Flächenneuversiegelung auf null Prozent festzulegen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, muss der Neubaustopp für Hotels und Shoppingcenter endlich kommen“, so Gennburgs Forderung.
Shoppingcenter umbauen
Stattdessen könnten Shoppingcenter umgebaut werden, um zusätzlichen Wohnraum und Platz für soziale Nutzungen zu schaffen. Beim Vorhaben, das Cubix in ein Hotel umzuwandeln, sei außerdem ein „aktives Eingreifen der Stadtplanungspolitik angebracht.“
Ähnlich sehe es bei dem Kino am Treptower Park aus. Dort gibt es seit 2018 Pläne, das Gebäude abzureißen und durch einen Hotel- und Büro-Neubau zu ersetzen. „Ein Kino ist ein Ort der kulturellen Nutzungen und ein Hotel eben nicht. Deswegen lehne ich den Umbau von Kinos in Hotels oder Bürogebäude ab, denn wir brauchen Kulturorte am Alexanderplatz und keine neuen Büros oder Hotels, die dieses Quartier veröden und Lebensqualität der Nachbarinnen und Nachbarn vernichten“, sagt Gennburg.
Text: Katja Reichgardt