Lehde (dpa/bb) – Mit weißem Mantel, Rute und einem Sack voller Äpfel und Spekulatius zieht Christoph Möller als Rumpodich über die Spreewaldweihnacht in Lehde. Seit acht Jahren verkörpert der 39-Jährige die sorbische Adventsfigur auf dem traditionellen Weihnachtsmarkt – und möchte damit ein Stück regionaler Identität bewahren. «Der Rumpodich ist quasi der Nikolaus des Sorbenlands», sagt Möller. In früheren Zeiten sei er in der Adventszeit von Dorf zu Dorf gezogen, habe brave Kinder beschenkt und unartige ermahnt.
Die Sorben – in Teilen der Lausitz auch als Wenden bezeichnet – sind eine anerkannte nationale Minderheit in Sachsen und Brandenburg mit eigener Sprache, Bräuchen und Traditionen.
Bewahrer der Traditionen
Bei der Spreewaldweihnacht im Freilandmuseum in Lehde (Oberspreewald-Lausitz) werden einige der sorbischen Traditionen sichtbar. So auch das Bescherkind, das traditionell ein unverheiratetes Mädchen des Dorfes darstellt. Vollständig verschleiert und schweigend bringt es Segen und Glückwünsche.
«Die Traditionen sind mir sehr wichtig und ich finde es auch schön, dass die Sorben da vieles bewahren möchten», sagt Möller. «Einige Dinge müssen einfach Bestand haben – gerade in der schnelllebigen Zeit heutzutage.» Das könne sehr beruhigend sein. Bei seinen Rundgängen erlebt Möller laut eigener Aussage daher auch viele berührende Momente. Etwa wenn ältere Menschen Tränen in den Augen haben, weil sie selbst mit der Tradition aufgewachsen sind und sich freuen, den Rumpodich wiederzusehen. «Ich zeige ihnen, dass ihre Traditionen nicht vergessen werden.»
Was nicht mit bloßem Auge sichtbar ist
Das Schönste ist für den Rumpodich-Darsteller die Freude der Kinder. Es mache ihn glücklich, den Kindern zu zeigen, dass es auch Dinge gebe, die man nicht bloßem Auge sehen könne: «Der Weihnachtszauber, die Adventszeit, das Besinnliche, das Ruhige.» Manchmal kann er die Kinder auch zum Lachen bringen. «Ich bin ja die Figur einer alten Tradition, deswegen sage ich den Kindern manchmal: „Ihr müsst schon lauter reden, ich bin über 400 Jahre alt, ich höre nicht mehr so gut“.» Dann würden die Kinder meist scherzen, dass er sich ja gut gehalten habe, worauf Möller antwortet: «Das machen die guten Spreewälder Gurken.»
Der Bürgermeister und die Rute
Gelegentlich sorgt der Rumpodich auch für humorvolle Zwischenfälle, ohne es wirklich geplant zu haben. Als einmal ein paar Männer in Anzügen auf dem Weihnachtsmarkt zu Besuch waren, habe er sich einen ausgepickt und ihm im Spaß mit seiner Rute gedroht und ihm den «Hintern versohlt», erinnert er sich. «Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es tatsächlich unser Bürgermeister war», erzählt Möller lachend.
Solange es ihm möglich ist, möchte er die Rolle weiter ausüben: «Ich möchte den Menschen in der Weihnachtszeit eine Freude machen und sie den Alltagsstress für einen Moment vergessen lassen. Wenn irgendwann die Zeit reif ist, gebe ich die Rute gern an die nächste Generation weiter, aber so lange ich kann, mache ich weiter – es ist mir der liebste Job im Jahr.»

