Aktuell findet die Urteilsverkündung des Landesverfassungsgerichts zur Gültigkeit der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirksparlamenten statt. Das Urteil lautet: Die Wahlen werden im gesamten Wahlgebiet als ungültig erklärt. Berliner müssen neu wählen.
Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat heute in dem Verfahren über den ersten Teil der Einsprüche gegen die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirks-verordnetenversammlungen (BVVen) vom 26. September 2021 eine Entscheidung verkündet: Die Wahlen werden im kompletten Wahlgebiet für ungültig erklärt.
Mangelhafte Aufklärung der Wahlpannen
Die Vorsitzende Ludgera Selting begründet die Entscheidung wie folgt: Mandatsrelevante Wahlfehler seien unter anderem durch Berichte der Bezirkswahlausschüsse und durch eigene Untersuchungen belegt worden. Selting beklagt außerdem die mangelhafte Aufklärung der Wahlpannen durch staatliche Instanzen.
Einmalig in der deutschen Geschichte
„Diese systemischen Wahlfehler in dieser Häufigkeit führten zu einem einmaligen Vorgang in der Geschichte der Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland“, so Selting. Wahlfälschung habe es aber nach abschließender Prüfung des Gerichts nicht gegeben.
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Für einen Wahlvorgang waren bei der Wahl im September letzten Jahres drei Minuten vorgesehen. Das sei nicht realistisch gewesen. Fünf Minuten wären nötig gewesen, so Selting, die damit einen von vielen Aspekten für das Chaos in den Wahllokalen aufzeigte.
Wählen nach 18 Uhr nicht rechtmäßig
Auch das „flächendeckende Wählen nach 18 Uhr“ sei nicht rechtmäßig gewesen. „Dieser Umstand beruhte auf systemischen Mängeln bei der Wahlvorbereitung“, so die Vorsitzende. So sei insgesamt eine Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl nicht gewährleistet gewesen.
1.090 von 2.256 Wahllokalen waren demnach nach 18 Uhr geöffnet. In allen Wahlkreisen wurden in Summe während 21.941 Minuten nach 18 Uhr gewählt.
Mandatsrelevante Wahlfehler gab es laut Gericht bei den Abgeordnetenhaus-Zweitstimmen in allen 78 Wahlkreisen, bei Erststimmen in 19 von 22 durch Einsprüche angegriffenen Wahlkreisen.
Mehr Mandate für AfD und Grüne
Das Landesverfassungsgericht geht davon aus, dass die Parteien AfD und Grüne bei korrektem Wahlablauf jeweils ein Mandat mehr bekommen hätten und das Abgeordnetenhaus nicht 147, sondern 148 Mitglieder zählen würde.
In der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2022 zu diesem Verfahren hatte der Gerichtshof in einer ersten, vorläufigen Einschätzung zu erkennen gegeben, dass das Plenum nach seinerzeitigem Beratungsstand dazu neigte, die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den BVVen insgesamt für ungültig zu erklären.
Text: sara/nm